Abgereifter Billiggeld-Aufschwung bedroht EUR/CHF-Kurs
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Abgereifter Billiggeld-Aufschwung bedroht EUR/CHF-Kurs

Für den Euro wachsen die Bäume nicht in den Himmel, und so steht der EUR/CHF-Kurs davor unter 1,10 zu sinken. Trotz vieler Vorschusslorbeeren kühlt sich die Wirtschaft in der Eurozone den zweiten Monat in Folge ab. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, sei der Billiggeld-Aufschwung grundsolide, behauptet der Internationale Währungsfonds (IWF).

Die Konjunkturerholung des Industrie und der Dienstleistungssektors in der Eurozone hat im Juli erneut an Dynamik verloren, zeigen aktuelle Einkaufsmanagerdaten. Es bereits der zweite Rückgang in Folge. "Im Moment kann keiner genau sagen, ob es sich nur um eine Wachstumsdelle handelt oder ob der Aufschwung generell nachlässt", sagt Chefvolkswirt Chris Williamson von IHS Markit.

Was sind Prognosen für die Eurozone wert, die der Internationale Währungsfonds (IWF) in Kuala Lumpur vorstellt? Wahrscheinlich nicht einmal das Papier, auf denen sie geschrieben sind. Der IWF rechnet mit Wachstumsraten von 1,9% (2017) und 1,7% (2018). Dem Ausblick für nächstes Jahr liegt die Annahme zugrunde, dass die Wirtschaft in der Eurozone die dann anstehende Eindämmung der EZB-Geldpolitik problemlos meistern wird.

Der IWF ist ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht Konjunkturverläufe zu beurteilen. Unmittelbar vor der Asienkrise 1997 und der Argentinien-Pleite 2001 hatte er die späteren Krisenländer für ihre vorbildliche Wirtschafts- und Währungspolitik in den Himmel gelobt. Damals war es en vogue Währungen zu manipulieren. Weil das nicht funktionierte, versucht man es jetzt bei den Zinsen.

Heiße Luft

Was sollen IWF-Chefin Lagarde und ihr Chefvolkswirt Obstfeld auch anderes sagen? Sie sind zusammen mit Draghi die Architekten des Billiggeld-Aufschwungs. Auch den Prognosen der Euro-Währungshüter kann man nicht trauen. Die EZB hat verschlafen, sich detaillierten Kreditvergabstatistiken von den Geschäftsbanken liefern zu lassen. Die US-Notenbank (Fed) hat solche Daten und ist damit sehr viel näher am Puls der Konjunktur.

Die Finanzmärkte haben längst den Braten gerochen, dass da eine kleine Elite unterwegs ist, die die Konjunktur schön redet. Vermögensverwalter haben massiv vom Billiggeld-Aufschwung und steigenden Anleihe- und Aktienkursen profitiert. Nun wird es langsam ungemütlich: Der Aktienindex Euro Stoxx 50 sank in den vergangenen zweieinhalb Monaten um 5,5%. Das durch die Macron-Wahl in Frankreich angefachte Strohfeuer ist abgebrannt.

Beim EUR/CHF-Kurs passiert aktuell etwas ähnliches: Mario Draghi hat mit hawkishen Bemerkungen auf der EZB-Notenbankonfernez in Sintra einen Anstieg des Euros auf knapp 1,11 Franken hervorgerufen. Letzte Woche ruderte der Italiener dann wieder zurück. Der Euro bekam umgehend Schwierigkeiten sich über 1,10 Franken zu halten.