Euro sinkt auf 1,08 CHF: Was hinter dem Rückgang steckt
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Euro sinkt auf 1,08 CHF: Was hinter dem Rückgang steckt

Double Whammy: So nennen Devisenexperten das, was Mario Draghi dem Euro verpasst hat. Wegen dem Doppelschlag des EZB-Präsidenten steht der Eurokurs kurz davor unter 1,08 Franken abzutauchen. Was wiegt schwerer? Der unaufhaltsame Glaubwürdigkeitsverlust der Europäischen Zentralbank (EZB) oder der immer weicher werdende Euro?

1 Euro ist aktuell mit 1,0810 Franken so wenig wert wie zuletzt am 2. August 2016. "Draghi hat nicht über Tapering geredet und Lockerungen für Dezember angedeutet. Das führt dazu, dass Händler einen schwächeren Euro einpreisen", zitiert Bloomberg den Senior-Analyst Matt Simpson vom Devisenbroker "Think Markets".

Das Ende März 2017 auslaufende Anleihekaufprogramm würde nicht abrupt enden, sagte Draghi. Das ist ein klares Indiz dafür, dass die nächste Verlängerung des 1,7 Billionen Euro schweren Kaufprogramms ansteht. Ob nach der Verlängerung eine allmähliche Drosselung des monatlichen Ankaufvolumens um 10 Milliarden Euro kommt (Tapering), wie es Bloomberg berichtet hatte, darüber verliert der Italiener kein Sterbenswörtchen.

Die in der EZB-Pressekonferenz vorgetragenen Argumente waren auch wieder einmal von dieser Beliebigkeit gekennzeichnet, dass man alles mit allem begründet. Draghi malt sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Zwei Beispiele:

  1. Draghi richtet nun die Aufmerksamkeit auf die Kerninflation, also jener Teuerung, die die Energiepreise ausklammert und deswegen nicht so stark steigt. Um die gleiche Zeit vor einem und zwei Jahren zitierten Draghi und sein Vize Constancio immer die Headline-Inflation (sie war seinerzeit wegen des Ölpreisabsturzes übertrieben stark gefallen), um die Wertpapierkäufe zu initiieren, verlängern und aufzustocken.
  2. "Es wäre undemokratisch, wenn eine Zentralbank gewählten Regierungen etwas (Strukturreformen) diktieren würde", sagte Draghi im Interview mit der "Bild"-Zeitung im April 2016. Als es aber darum gegangen sei die deutschen Sparguthaben unter Umgehung des Bundestags als Faustpfand für Whatever-it-Takes einzusetzen, habe der Italiener keinerlei Probleme gehabt die Rolle einer grauen Eminenz einzunehmen, so Kritiker.

Die EZB spielt inzwischen nur noch in einer mittleren Glaubwürdikeitsliga, zusammen mit der russischen und der brasilianischen Notenbank. Letztgenannte haben einen Inflationsanstieg über eine massive Abwertung der eigenen Währung gemacht. Die EZB ist dabei, diesen Kurs zu imitieren.

Der Euro sank in den letzten zwei Monaten von 1,1365 auf 1,0877 Dollar. Ginge es auf die Parität, würde auch die importierte Inflation in der Eurozone von einem Double Whammy erwischt. Zu dem ohnehin schon steigenden Ölpreis auf dem Weltmarkt käme der weiche Euro. Heizöl und Spritpreise zögen drastisch an.

Aus geopolitischer Sicht wäre das nur fair. Denn Öl zu fördern ist ziemlich aufwendig, da man immer tiefer bohren muss. Ölförderländer wie Nigeria und Angola wurden hier bislang über den Tisch gezogen. Es nicht einzusehen, warum die Euro-Europäer mit ihren hohen Arbeitslosigkeiten für das von der EZB ausgespuckte Papiergeld Öl genau so günstig bekommen wie die USA, die das Papiergeld-Drucken längst eingestellt haben.