Schweizer Franken streift Risikomantel ab
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Schweizer Franken streift Risikomantel ab

Der Euro kann das vom Franken installierte Defensivbollwerk nicht aufsprengen. "EUR/CHF deutlich unter 1,0800. Europa scheint sich zu erholen, trotzdem bleibt der Franken gefragt", kommentiert die St.Galler Kantonalbank. Der Euro-Dollar-Kurs macht vor wie es geht. Er klettert wegen des stärkeren fiskalischen Zusammenwachsen der Euroländer auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren.

"Man muss die Zügel anziehen, um bei Corona nicht in ein Desaster reinzulaufen", sagt die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Die zweite Corona-Infektionswelle ist am laufen. Das könnte der Grund dafür sein, warum der Euro es bisher nicht vermag gegenüber dem Schweizer Franken zuzulegen. Während der ersten Infektionswelle im Frühjahr sank der Euro auf ein 5-Jahrestief bei 1,05 Franken.

"Die vielerorts erneut steigende Zahl an Corona-Neuinfektionen lässt auch die Verunsicherung an die Börsen zurückkehren. Der Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken gegenüber dem Euro dürfte sich somit abermals verschärfen", sagt das Devisen-Research von Raiffeisen Schweiz. Es rechnet bis November 2020 mit einem Rückgang des Euro auf 1,06 Franken.

Die EUR/CHF-Kurs Entwicklung von Anfang 2015 bis August 2020 grafisch dargestellt

Im Vergleich zu den USA machen die Euroländer eine sehr gute Corona-Politik. Die Schweiz ist jedoch beim "Anziehen der Zügel" noch effizienter. Sie kann schneller handeln und hat auf europäischer Ebene weniger zu koordinieren. Infolge profitiert der Schweizer Franken von seinem Status als Europas Sicherer Hafen Nummer eins, obschon der Euro in puncto Sicherheit ein besseres Bild abgibt als in den Vorjahren.

Tatsächlich wird der Schweizer Franken von den Profis aktuell sogar als riskantere Währung eingestuft. Am Devisenoptionsmarkt sind Call-Optionen, mit denen sich beispielsweise Schweizer Importeure gegen einen steigenden Euro absichern, etwas teurer als Put-Optionen. Optionshändler haben das einmonatige Risk Reversal für den EUR/CHF im Blick. Es ist auf dem höchsten Stand seit drei Jahren.

Potenzielle Abwärtsrisiken für den Euro kommen aus Frankfurt. Man werde wohl noch mehr Anleihen kaufen müssen, telegraphierte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane den Finanzmärkten letzte Woche per Blog-Eintrag. Bis zur vollständigen Erholung der Eurozonen-Wirtschaft werde es ein langer Weg, so der Ire. Dem lässt sich hinzufügen: Steigen die Corona-Infektionszahlen munter weiter, wird es vielleicht ein unendlicher Weg.

Der Euro notiert aktuell gut unterstützt bei 1,08 Franken. Stillstand kann er sich aber nicht leisten. Damit die hohe Nachfrage für den Euro anhält, muss er in den kommenden Wochen über 1,0840 steigen. Dort prallte er bereits zweimal nach unten zurück. Umgekehrt wäre bei einem Rückfall unter 1,07 Zeit Alarm zu schlagen.

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