Die Schweiz toleriert einen harten Euro nicht
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Die Schweiz toleriert einen harten Euro nicht

Der Eurokurs macht eine 180-Grad-Kehrtwende und ist plötzlich zurück in der roten Zone. Anleger gehen in Deckung, was dem Schweizer Franken neue Käuferschichten erschließt. Untermauert wird die gegenwärtige Schwächephase des Euros von Akteuren am Devisenoptionsmarkt. Sie haben das Pferd gewechselt und setzen auf den Franken, einer Währung mit Wachstums-Appeal und sehr hohem Leistungsbilanzüberschuss.

Vor einer Woche kletterte der Euro auf 1,0915 Franken. Alles sprach für eine Fortsetzung des Anstiegs. (Der Schweizer Franken ist plötzlich eine Risikowährung). Doch daraus wurde nichts. 1,10 ist für den Euro in Zeiten von Corona eine Nummer zu groß. Und so geriet die Gemeinschaftswährung ins Taumeln. Für den Euro gibt es aktuell nurmehr 1,0650 Franken.

Euro-Franken-Kurs Kerzenchart (1 Kerze = 1 Tag) Entwicklung 2020

Put-Optionen, mit denen sich Schweizer Exporteure mit Euro-Umsatzerlösen gegen einen sinkenden Euro-Franken-Kurs absichern, sind wieder teurer als Call-Optionen. Der Devisenoptionsmarkt trägt damit der spürbar nachlassenden Risikobereitschaft Rechnung. An den Aktienmärkten sind die Minuszeichen so dick wie letztes Mal Mitte März 2020.

Die Schweiz gehöre zu den widerstandsfähigsten Volkswirtschaften, sagt Jérôme Haegeli, Chefökonom bei Swiss Re, im Gespräch mit "cash.ch". 2021 werde ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,2% zulegen. Die Eurozone kann laut dem Rückversicherungskonzern lediglich mit einem Post-Corona-Schub von 2,8% rechnen.

Ein Grund für die Underperformance sind die schwachen Eurozonen-Banken. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane warnt im Interview mit der italienischen Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 Ore" vor einer Kreditklemme. Vizepräsident Luis de Guindos zeigte sich ebenfalls alarmiert: Die Coronakrise stelle die Banken vor erhebliche Herausforderungen, falls es vermehrt zu Kreditausfällen und Firmenpleiten kommen sollte.

"Ich mag es persönlich nicht, eine Währung mit einem (großen) Leistungsbilanzüberschuss zu verkaufen." Das sagt der Chef für globale Devisenstrategie bei UBS Asset Management, Kevin Zhao. Ins Verhältnis zum BIP gesetzt ist der Leistungsbilanzüberschuss der Schweiz etwa dreimal so hoch wie der der Eurozone.

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