Der Euro ist eine französische Schlinge
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Der Euro ist eine französische Schlinge

Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse so schnell wie möglich die Zinsen anheben, sagt Robert Holzmann. Sollte sich der Chef von Österreichs Nationalbank mit seiner Forderung im EZB-Rat durchsetzen, hätte das mit Sicherheit ein Kursfeuerwerk beim Euro zur Folge. Ob Christine Lagarde da mitmacht, ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Denn für Frankreich ist der Euro und damit auch die Negativzinsen eine Schlinge, die man Deutschland um den Hals gelegt hat, suggeriert Ungarns Notenbankchef.

"Negativzinsen stellen für mich gegenwärtig ein falsches Signal dar, und deshalb sollte man sie so rasch wie möglich wieder zurücknehmen", fordert Holzmann im Magazin Trend. Die EZB setzt seit Jahren auf Negativzinsen, um den Euro abzuschwächen. Man verspricht sich davon mehr Wirtschaftswachstum über die Exportschiene. Als die EZB im Sommer 2014 aus heiterem Himmel den Einlagenzins gesenkt hatte, sagte der damalige OeNB-Chef Ewald Nowotny, man habe dies auch getan, um den Euro runterzudrücken.

Es gibt zwei Gründe, warum Negativzinsen gefährlich sind:
  1. "Wenn Sparer ihre Zinsen nicht auf üblichem Weg bekommen, neigen sie dazu, in alternative Anlagen zu gehen", erläutert Holzmann. Das Geld lande dann auf dem Immobilienmarkt, wo es Verwerfungen und Überhitzungen gebe. Dies führe zu hohen Wohnungs- und Mietpreisen mit ihren sozialen Auswirkungen. "Und das ist etwas, das lässt auch einen Notenbankgouverneur nicht kalt", so Holzmann.

  2. Früher war es so, wenn die EZB den Leitzins von 4,5% auf 2,5% senkte, verleitete das private Haushalte dazu, mehr Geld auszugeben. Dadurch wurde das Wirtschaftswachstum angekurbelt. Bei negativen Zinsen kommt dieser Effekt nicht mehr zum tragen. Je länger sie da sind, um so größer ist die Verunsicherung. Haushalte sparen mehr, weil sie keine Zinserträge bekommen und ängstlich in die Zukunft blicken.

Warum sind die negativen Zinsen dann überhaupt noch da, fragt man sich. Wegen Frankreich und seinen südeuropäischen Nachbarn. Deren Unternehmen sind auf den Weltmärkten nicht so wettbewerbsfähig wie die Exporteure aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Sie brauchen einen weichen Euro. Darüber hinaus hat die lateinische Eurozone sehr hohe Staatsschulden. Und auf diese Schuldenberge wollen sie möglichst wenige Zinsen bezahlen. Insofern hat Ungarns Notenbankchef Gyorgy Matolcsy schon recht, wenn er in der Financial Times schreibt, der Euro sei eine "französische Schlinge".

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"Mitglieder der Eurozone sollten in den kommenden Jahrzehnten die Möglichkeit haben, die Währungszone zu verlassen, und die verbleibenden Mitglieder sollten eine nachhaltigere globale Währung aufbauen", fordert Matolcsy. Italien, Spanien, Portugal, Griechenland und auch Frankreich sind ganz sicher nicht in der Lage, eine globale Währung mit Renommee aufzubauen. Ein Euro ohne diese fünf wäre natürlich sehr viel härter und genösse eine so ausgezeichnete Reputation auf der ganzen Welt wie einst die Deutsche Mark.

Aktuell scheint ein Aufbrechen des Euros undenkbar. Das gegenwärtige System, in dem die EZB laut dem CSU-Politer Alexander Dobrindt neben der Geldpolitik eine Wirtschaftspolitik betreibt, macht alle glücklich. Dobrindt wirft der EZB vor eine "Ersatzstrukturpolitik" zu betreiben. Da hat er nicht ganz unrecht. Eigentlich wäre es in der lateinischen Eurozone höchste Eisenbahn Strukturreformen anzugehen. Die Arbeitslosigkeit ist dort immer noch doppelt so hoch wie in Deutschland, Österreich, USA, Großbritannien und dreimal so hoch wie in der Schweiz und Japan.

Als Freund einer harten Währung sollte man den Traum nicht aufgeben, dass der Euro doch noch aufgebrochen wird. Manchmal kann es ganz schnell gehen. Vor zehn Jahren war völlig undenkbar, dass die EZB mit ihrem Leitzins unter 1% geht, eine Staatsfinanzierung über die Notenpresse betreibt und marode Banken mit Langfristkrediten rettet. Die Tatsache, dass sich inzwischen alle daran gewöhnt haben, ist kein Nachweis, dass dieses System auch die nächsten zehn Jahre übersteht.

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