6 Gründe für steilen Anstieg des Euros auf 1,1405 Franken
Home » » 6 Gründe für steilen Anstieg des Euros auf 1,1405 Franken

6 Gründe für steilen Anstieg des Euros auf 1,1405 Franken

Die neue Höchstmarke des Euros liegt bei 1,1405 Franken. Was vor einigen Wochen noch undenkbar war, ist nun Realität. Der Euro steht kurz davor in den Bereich 1,15-1,20 Franken vorzustoßen.

1. Euro steigt wegen Solidaritätszuschlag Süd
Das Vertrauen der Anleger in den Euro kehrte nach der Macron-Wahl zurück. Politische Unsicherheiten sind vom Tisch. Der Ausblick wird rosiger, weil die Eurozone einen 200 Milliarden Euro Konjunkturfonds und eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung bekommen soll. Wenn Geld aus dem Norden in den Süden fließt, reagiert der EUR/CHF-Kurs oft mit einem Anstieg. Mit der Euro-Einführung bekamen die Südländer einen automatischen Ausgleich ihrer Leistungsbilanzdefizite über das EZB-Eurosystem spendiert. Das sei ein große Solidaritätsleistung des Nordens gewesen, wie der frühere EZB-Chef Jean-Claude Trichet stets betonte. Der Euro stieg denn auch bis 2007 auf 1,68 Franken.

2. Wachstumsvorsprung: Euroland hängt Schweiz ab
Die Wirtschaft der Eurozone hat in den letzten Jahren höhere Wachstumsraten verbucht als die Schweizer Wirtschaft. Da Wechselkurse das Wirtschaftswachstum spiegeln, ist ein stärkere Euro folgerichtig. Es ist aber Vorsicht geboten. So liegt die Inflation in der Schweiz unter der in der Eurozone. Die Währung mit der geringeren Inflation hat in der langen Sicht die Nase vorn. Das zeigt der Anstieg der Deutschen Mark gegen den US-Dollar zwischen 1970-2000. Die Bundesbank hielt die Inflation in Deutschland tiefer als die Fed in den USA.

Weiterlesen: EUR/CHF-Ausblick 2020-2030

3. UBS heizt Stimmung an
"In den letzten Tagen scheint es Investoren mit großen Frankenpositionen zunehmend unwohl geworden zu sein. Die Franken brennen unter den Nägeln, und jetzt, wo der Franken sich abschwächt, steigen immer mehr Investoren aus dem Franken aus", sagt Thomas Flury, Chef für Währungsstrategie der UBS. (ℹ Tagesanzeiger). Die größte Bank der Schweiz rührt schon seit längerem die Werbetrommel für einen Anstieg des EUR/CHF-Kurses. Möglicherweise lassen sich ausländische Marktteilnehmer davon beeinflussen.

4. Geldpolitik: Zauberlehrlinge in ihrem Element
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat für Herbst einen Maßnahmenkatalog angekündigt, wie sie gedenkt aus dem Ankauf von Staatsanleihen auszusteigen. Der Zins auf nahezu risikolose deutsche Bundesanleihen hat sich daraufhin verdoppelt. Darüber hinaus wurde der Anstieg des EUR/CHF-Kurses von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) untermauert. Sie sieht bisher überhaupt keine Veranlassung ihren Ausblick abzuändern und bleibt mit ihre Geldpolitik super-expansiv.

5. Vorübergehendes Überschießen
Markttechniker verweisen auf eine Kettenreaktion, zu der es kam, als der Euro einen Widerstand bei 1,12 Franken durchbrach. An dieser Schwelle lagen viele Verkaufsaufträge zu Lasten des Frankens, die dann im elektronischen Handel ausgelöst wurden und zu einem Überschießen des Euros auf 1,14 Franken geführt hätten. Es sei wahrscheinlich, dass sich der Devisenmarkt diese zwei Rappen zurückhole, bei 1,12 Franken einpendle und dann auf weitere Instruktionen warte.

6. Libor Ade: SNB lässt Anleger im Ungewissen
Die Bank von England steigt bis 2021 aus dem manipulationsanfälligen Libor-Zins aus. Dadurch muss sich die Schweizerische Nationalbank, die den CHF-Libor verwendet, nach einem neuen Referenzzins umsehen. Auch Franken-Kreditnehmer in Österreich, deren Zinssätze zumeist an den CHF 1-Monats-Libor und CHF 3-Monats-Libor gebunden sind, erwarten Anpassungen ihrer Kreditverträge. Der Wechsel vom CHF-Libor voraussichtlich auf den SARON (Swiss Average Rate Overnight) wird bisher von der SNB nicht konkretisiert. Das schafft Unsicherheit, die dem Franken ein Stück weit schadet.