Macht die Schweizer Notenbank Franken-Kreditnehmern ein Geschenk?
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Macht die Schweizer Notenbank Franken-Kreditnehmern ein Geschenk?

Den negativsten Zins der Welt noch einmal senken oder bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag Euros kaufen? Vor dieser Entscheidung steht Thomas Jordan, Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Zwar liegt der Euro aktuell bei 1,09 Franken, einem Niveau, mit dem die Schweizer Wirtschaft wohl auskäme. Der Wechselkurs ist aber nicht aus freien Stücken dort. Franken-Fremdwährungskreditnehmer können von einem Tauschgeschäft der SNB mit dem Devisenmarkt - Zinssenkung gegen weniger Euro-Käufe - profitieren.

Beim EUR/CHF-Wechselkurs kann es jederzeit wieder bergab gehen. In der Schweiz sind sie weiterhin hypernervös, wie ein Interview des Schweizer Fernsehens mit Jordan unterstreicht. Er habe in der Brexit-Nacht kein Auge zugemacht. Ich beobachtete die Wechselkurse alle 15 Minuten und verfolgte die Nachrichten aus Großbritannien", so Jordan.

Weiterlesen: Liveticker Brexit - EUR/CHF-Reaktion (24.06.16)

Sinn ergibt das, was die SNB macht, nicht. Jordan hat ebensowenig einen roten Faden wie sein Kollege Draghi. Er legt sich mit dem Euro eine Währung ins Nest, die er unverholen kritisiert: Europa schaffe nicht genügend Arbeitsplätze, das Wachstum sei zu gering und die Löhne stiegen nicht mehr, sagt Jordan und fordert: "Europa hat etwa zehn Prozent Arbeitslosigkeit. Da braucht es mehr Flexibilität auf den Arbeitsmärkten."

Die Flexibilität bekommt er genauso wenig wie Deutschland, das seit Jahren vergeblich darauf wartet, dass seine Arbeitsmarktreformen zur Blaupause der Euro-Südstaaten plus Frankreich werden. Das Fenster für Arbeitsmarktreformen haben die französischen Wähler bereits vor langer Zeit geschlossen, indem sie die Sozialisten wählten.

"Frankreichs Präsident Hollande hat vor vier Jahren mit seinen unhaltbaren Wahlversprechen das kleine Pflänzchen des damals noch vorhandenen Reformeifers zertreten. Hollande hat den PIGS ein formidables Alibi geliefert, sich nicht ändern zu müssen. Das Ergebnis sind kleine Wachstumsraten und hohe Arbeitslosenquoten."

Die in Portugal, Italien, Griechenland und Spanien (PIGS) nach lateinamerikanischem Vorbild agierenden Linksnationalisten bekämpfen mehr Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt, koste es, was es wolle. Dass ihre Länder dadurch einen wirtschaftlichen Schaden davontragen, ist Tsipras, Iglesias und Grillo sogar willkommen. Ihnen geht es darum, sich die Macht mithilfe der Unzufriedenen zu erschleichen. Je mehr Unzufriedene es gibt, umso besser.

Was die Schweiz mit ihren nicht enden wollenden Euro-Käufen macht, ist in etwa so, wie wenn ein Anleger die Apple-Aktie bedingungslos gekauft hätte, wohl wissend, dass das Unternehmen zunehmend Probleme bekommt, seine Produkte auf dem wichtigen chinesischen Markt abzusetzen. Dass Jordan ständig Draghis Euros wegputzen muss, mit denen die EZB Rettungspakete für die PIGS finanziert, ist vielen in der Schweiz nicht geheuer.

"Wir erwarten, dass die SNB ihre Leitzinsen auf minus ein Prozent senken wird, um ihre Devisenkäufe bei einem starken Anstieg der Nachfrage nach Franken einzuschränken", zitiert das Finanzportal "institutional-money.com" die Volkswirtin Ursina Kubli von der Bank Sarasin. Würde der aktuell bei -0,77% liegende CHF 3-Monats-Libor auf -1,00% oder gar -1,25% fallen, wäre das auch eine Wiedergutmachung Jordans an Franken-Fremdwährungskreditnehmer für das plötzliche Mindestkurs-Aus vor eineinhalb Jahren.

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