Kreisen bald die Hedgefonds-Geier über der Schweiz?
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Kreisen bald die Hedgefonds-Geier über der Schweiz?

"Wir sind zur Überzeugung gelangt, dass es einen Mindestkurs von 1,15 Franken zum Euro braucht", fordert Silvio Schmid, Präsident des Wirtschaftsverbandes der Bergbahnen Graubünden. Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) wird es brenzlich. Denn ihre Glaubwürdigkeit wird aus der Schweiz heraus untergraben. Normalerweise sind für diesen Job ausländische Spekulanten zuständig. Wie man eine Zentralbank in die Knie zwingt, hat George Soros vor 25 Jahren vorgemacht.

Normalerweise melden sich zum Thema neuer Mindestkurs die Schweizer Exportunternehmen aus dem produzierenden Gewerbe sowie die Gewerkschaften zu Wort. Dass nun auch die Tourismus-Branche die SNB öffentlich unter Druck setzt, ist eine neue Entwicklung. Es zeigt, dass es Notenbankchef Thomas Jordan an Autorität fehlt. Der oberste Währungshüter der Schweiz spricht sich vehement gegen eine neue Untergrenze aus. Sein jüngstes Machtwort zu dem Thema war allerdings nur Schall und Rauch.

"Es kann doch nicht sein, dass die staatliche Geldpolitik unsere Wettbewerbsfähigkeit dermaßen einschränkt", sagt Schmid der Zeitung "Schweiz am Sonntag". Die Schweizer Fremdenverkehrsbilanz spielt verrückt. Nachdem 2014 Schweizer im Ausland etwa genauso viel ausgaben, wie ausländische Reisende in der Schweiz, droht es im laufenden Jahr noch schlimmer zu werden. Denn durch die Aufhebung des Mindestkurses hat sich der Druck auf die Schweizer Tourismusbranche weiter erhöht.

Es läuft offenbar darauf hinaus, dass 2015 zum ersten Mal seit mehr als vierzig Jahren Schweizer mehr Geld im Ausland ausgeben, als ausländische Reisende in der Schweiz. "Das zeigt, dass etwas grundlegend schief läuft. Für ein Tourismusland wie die Schweiz ist das schlicht ein Desaster", warnt der emeritierte Professor Franz Jäger. Er macht sich damit erneut für einen Euro-Mindestkurs bei 1,15 Franken stark. Jäger kann sich einen personellen Neuanfang bei der SNB vorstellen, sollte Jordan nicht einlenken.

Angriffsfläche

Die Schweizerische Nationalbank war zuletzt mit dem von ihr praktizierten 2-Säulen-Modell eigentlich ganz erfolgreich. Die erste Säule bilden gezielte Nadelstich-Interventionen zur Aufpäppelung des EUR/CHF-Kurses. Diese funktioniert recht gut, weil sich der Euro seit zehn Monaten in einem leichten Aufwärtstrend befindet. Die SNB muss nicht gegen den Strom schwimmen, wie während der Verteidigung der 1,20er-Stützgrenze, als es den EUR/CHF-Kurs fast ständig nach untern zog. Bei dem Negativzins in der Schweiz handelt es sich um den tiefsten negativen Zinssatz der Welt. Er bildet die zweite Säule.

Wenn die Schweizerische Nationalbank für ihr 2-Säulen-Modell schon keinen Rückhalt zu Hause hat, ist das eine Einladung an Großspekulanten das 2-Säulen-Modell auch auf der internationalen Bühne unglaubwürdig zu machen. Hedgefonds könnten am Devisenmarkt massiv Euros verkaufen, die die SNB ankaufen muss, um einen Rückfall des EUR/CHF-Kurses zu verhindern.

Ein solcher Vorgang würde daran erinnern, wie der Hedgefonds-Manager George Soros vor knapp 25 Jahren Deutsche Bundesbank, Banque de France und Bank von England in die Knie zwing. Die Notenbanken versuchten seinerzeit eine Aufwertung der Deutschen Mark und des Französischen Franc gegenüber dem Britischen Pfund zu verhindern. Das Vorhaben stellte sich als theoretisches Modell von Notenbank-Professoren heraus, das in der Praxis nicht funktionierte.

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