Geht die Aufholjagd für Franken-Kreditnehmer 2016 weiter?
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Geht die Aufholjagd für Franken-Kreditnehmer 2016 weiter?

Seit Herbstbeginn hat der Franken gegenüber dem Euro einigermaßen stark aufgewertet. Der Reinverlust-Rechnung zufolge steht ein durchschnittlicher Franken-Kreditnehmer in Österreich aktuell mit -39.000 Euro unter Wasser. Es sah schon einmal besser aus. Vor zwei Monaten, als der Eurokurs mit 1,1050 Franken den höchsten Stand seit acht Monaten erreicht, liegt der Reinverlust bei -33.344 Euro. Die Banken streiten darüber, wo die Reise hingeht.

In Österreich haben 138.000 Haushalte einen Fremdwährungskredit am laufen. Die durchschnittliche Kreditschuld liegt bei 180.000 Euro, wie aus einer Datenerfassung der Finanzmarktaufsicht (FMA) in Wien hervorgeht. Der Gruppe der Fremdwährungskreditnehmer steht eine etwa ebenso große Gruppe der Aussteiger gegenüber. Seit dem Jahr 2008 haben 140.000 Haushalte durch Konvertierungen in Euro-Kredite oder Absicherungsgeschäfte einen Schlussstrich gezogen. Diese Haushalte könnten nun wieder "ruhiger schlafen", sagen die FMA-Vorstände Helmut Ettl und Klaus Kumpfmüller.

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Wer mit seinem Franken-Kredit auf die Aussitzen-Strategie setzt, behält in der Regel den Wechselkurs des Euros gegenüber dem Schweizer Franken genau im Auge. Er ist die entscheidende Stellgröße. Ein Beispiel:
  • Ein Kreditnehmer verschuldet sich im Jahr 2003 im Gegenwert von 180.000 Euro in Franken
  • Bei der Unterzeichnung des Kreditvertrages steht der Euro-Wechselkurs bei 1,50 Franken
  • Der Kreditnehmer verpflichtet sich einen Betrag von 270.000 Franken an die Bank zurückzuzahlen.

Bis Oktober 2007 läuft alles hervorragend. Die Erwartungen werden sogar übertroffen. Die Wechselkursgewinne sprudeln. Der Euro ist 1,68 Franken wert. Hinzu kommt die Zinsersparnis. In den ersten fünf Jahren erspart sich der Kreditnehmer etwa 12.375 Euro an Zinsen, die er hätte bezahlen müssen, wenn er einen Euro-Kredit aufgenommen hätte.

270.000 Franken geteilt durch 1,68 = 160.714 Euro
160.714 Euro minus 12.375 Euro = 148.339 Euro
180.000 Euro minus 148.339 Euro = 31.661 Euro Reingewinn

Im Januar 2015 spitzt sich die mit der Weltfinanzkrise einsetzende Talfahrt des Euro-Franken-Kurses dramatisch zu. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hebt in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Euro-Stützgrenze bei 1,20 Franken auf. Sämtliche Marktteilnehmer sind völlig überrascht. Devisenhändler können für Stunden keine Kurse stellen. Der Euro bricht in einem ausgetrockneten Handel auf 0,90 Franken ein. Die inzwischen auf 29.700 Euro aufgehäufte Zinsersparnis ist in Anbetracht des riesigen Wechselkursverlustes kein Trostpflaster.

270.000 Franken geteilt durch 0,90 = 300.000 Euro
300.000 Euro minus 29.700 Euro = 270.300 Euro
180.000 Euro minus 270.300 Euro = -90.300 Euro Reinverlust

Bis September 2015 kann sich der Euro auf 1,1050 Franken erholen. Die Zinsersparnis ist ausgereizt, weil für Euro-Kredite wegen der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kaum noch Zinsen zu bezahlen sind.

270.000 Franken geteilt durch 1,1050 = 244.344 Euro
244.344 Euro minus 31.000 Euro = 213.344 Euro
180.000 Euro minus 213.344 Euro = -33.344 Euro Reinverlust

Im November 2015 erhöht sich der Reinverlust auf -39.000 Euro. Ursache ist der Rückfall des Euros auf 1,08 Franken bei einer gleichbleibenden Zinsersparnis von 31.000 Euro. Die Wechselkursprognostiker sind gespalten. Die Erste Bank rechnet im Jahr 2016 mit einem Anstieg des Euros auf 1,16 Franken. Bei der Commerzbank kommt man zu einem vollkommen anderen Ergebnis. Die zweitgrößte Bank Deutschland prognostiziert einen Rückfall des Euros auf 0,99 Franken.

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