Warum der Franken aktuell nicht stärker wird

Der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Martin Schlegel, erklärte, dass die Schweiz produktive Gespräche mit den USA über die Devisenmarktinterventionen der SNB geführt habe. Den Vorwurf, die Schweiz manipuliere den Wechselkurs des Frankens, wies er entschieden zurück. Der Euro-Franken-Kurs fährt aktuell zweigleisig. Wie lange noch?

Die Renditen von US-Staatsanleihen steigen weiter – getrieben von fiskalischen Sorgen und dem hohen Schuldenniveau der USA. Tatsächlich käme es der Trump-Regierung und Finanzminister Scott Bessent gelegen, wenn die SNB ihre Interventionen fortsetzt und wie in der Vergangenheit Euro auch US-Dollar kauft. Mit den dadurch erhaltenen Dollar würde die SNB US-Staatsanleihen erwerben – was zur Entlastung des US-Anleihemarkts beitragen und den Renditeanstieg dämpfen würde.

Schlegel betonte, dass die Eingriffe der SNB Teil eines legitimen geldpolitischen Instrumentariums seien, das auf die Sicherung der Preisstabilität abzielt, meldet Bloomberg. Die Interventionen am Devisenmarkt seien transparent, regelbasiert und im Einklang mit den wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Die Teuerung in der Schweiz betrug im April 2025 im Jahresvergleich 0,0 % – ein Rückgang gegenüber dem März. Erstmals seit März 2021 sind die Konsumentenpreise damit nicht weiter gestiegen. Im Jahr 2024 lag die durchschnittliche Inflation noch bei 1,1 %. Dieser Stillstand der Preise unterstreicht den aktuell schwachen Inflationsdruck in der Schweiz.

Eurokurs

Der Euro-Franken-Kurs (EUR/CHF) bewegt sich seit Wochen in einer engen Spanne zwischen 0,93 und 0,94. Die Range folgt auf eine Abwärtsbewegung auf 0,9230, was auf eine Konsolidierung vor einer möglichen Fortsetzung nach unten hindeutet. Solange kein Ausbruch erfolgt, bleibt die Lage neutral. Ein Bruch unter 0,93 wäre ein Signal für ein Rückgang auf das Rekordtief vom 10. April 2025 bei 0,9230, während ein Anstieg über 0,94 das Bild für den Euro aufhellen würde.

Linienchart Seitwärts Entwicklung EUR/CHF-Kurs

Im Mai 2025 ist die Wirtschaft der Eurozone erstmals seit fünf Monaten geschrumpft. Laut den Einkaufsmanagerindizes von S&P Global fiel der Dienstleistungssektor zurück in die Kontraktionszone. Das deutet auf eine nachlassende wirtschaftliche Dynamik hin, nachdem sich die Lage zuletzt leicht stabilisiert hatte.

Die Schweizer Wirtschaft ist im ersten Quartal 2025 überraschend stark gewachsen. Dem Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zufolge stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,7 Prozent. Dieses unerwartet kräftige Wachstum signalisiert eine robuste Konjunktur zu Jahresbeginn.

Ausblick

Insgesamt gibt es derzeit mehr Gründe für eine Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro. Allerdings befinden sich die Finanzmärkte aktuell in einem „Risk-on“-Modus.

Der Franken gilt in unsicheren Zeiten als sicherer Hafen. Die Marktverunsicherung Anfang April – ausgelöst durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump – hatte den Franken gegenüber dem US-Dollar auf ein Zehnjahreshoch und den Euro gegenüber dem Franken auf ein Rekordtief getrieben.

Die Finanzmärkte befinden sich seit rund anderthalb Monaten in diesem „Risk-on“-Modus: Aktienindizes in Europa und den USA haben deutlich zugelegt, risikobehaftete Anlagen sind gefragt, und Anleger zeigen eine höhere Risikobereitschaft. Diese Entwicklung hat den Schweizer Franken gegenüber dem Euro zuletzt eher geschwächt – trotz fundamentaler Argumente, die eigentlich für einen stärkeren Franken sprechen würden.

In Phasen des „Risk-on“ verlagert sich das Kapital tendenziell von sicheren Häfen wie dem Franken in renditestärkere Anlageklassen. Das erklärt, warum der Franken aktuell nicht stärker auf strukturell günstige Faktoren reagiert – etwa die tiefe Inflation in der Schweiz, die robuste Binnennachfrage im ersten Quartal oder der weiterhin solide Leistungsbilanzüberschuss.