Schweizer Franken: Überbewertet oder unterschätzt?

Den großen Zinsschritt der Schweizerischen Nationalbank (SNB) abhakend, sinkt der EUR/CHF-Kurs auf 0,9350. Das Polster des Euro schrumpft auf 0,7%. Sind auch die aufgezehrt, wird 2024 ein weiteres Jahr, in dem sich der Euro zum Schweizer Franken abschwächt und überoptimistische EUR/CHF-Prognosen nur denen helfen, die sie treffen.

Vor der großen Zinssenkung der SNB um ein halbes Prozent, die nur wenige Schweizer Ökonomen hatten kommen sehen, hatte der EUR/CHF-Kurs bei 0,9260 notiert. Das war etwas tiefer als der Jahresschlussskurs vom 29. Dezember 2023 von 0,9290. Ein auf den großen Wechselkurs-Zyklen basierende Prognose zeigt, dass der Euro-Franken-Kurs im nächsten Jahr weiter sinken wird.

Der faire EUR/CHF-Kurs

Wegen der tiefen Schweizer Inflation sinkt der auf der Kaufkraftparität basierende (faire) Wechselkurs. Langfristige Indikatoren wie die Kaufkraftparität (Purchasing Power Parity, PPP) oder reale Wechselkursindizes deuten darauf hin, dass der Schweizer Franken überbewertet ist.

Diese Überbewertung bedeutet, dass der Wechselkurs von EUR/CHF unter dem sogenannten "fair value exchange rate" liegt, also jenem Kurs, der langfristig ein Gleichgewicht zwischen den Kaufkräften der beiden Währungen herstellen würde.

Die Kaufkraftparität misst, wie viele Waren und Dienstleistungen mit einer Währung im Vergleich zu einer anderen gekauft werden können. Liegt der tatsächliche Wechselkurs unter diesem berechneten Gleichgewichtswert, gilt die Währung als überbewertet. Für den Schweizer Franken deutet dies darauf hin, dass er im internationalen Vergleich "zu teuer" ist.

Trotzdem bleibt diese Überbewertung des Frankens seit Jahren bestehen, ohne dass sie eine deutliche Korrektur erfahren hätte. Dies liegt an der Sichere-Hafen-Eigenschaft: Der Franken wird als sicherer Hafen angesehen, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher oder geopolitischer Unsicherheit.

Hinzu kommt die stabile Schweizer Wirtschaft: Die Schweiz hat eine geringe Staatsverschuldung, eine starke Handelsbilanz und eine stabile politische Lage.

Der wichtigste Faktor, der den fairen Wechselkurs beeinflusst, ist die Inflationsdifferenz zwischen der Eurozone und der Schweiz. Während die Inflation in der Eurozone in den letzten Jahren deutlich höher war, blieb sie in der Schweiz moderat. Diese Differenz führt dazu, dass sich die Kaufkraftparität kontinuierlich nach unten bewegt, was den fairen Wechselkurs ebenfalls sinken lässt.