Der Schweizer Franken überbewertet? Ja, zeigt Euro-Inflation
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Der Schweizer Franken überbewertet? Ja, zeigt Euro-Inflation

Die Kursgewinne des Euro sind die größten seit 18 Monaten. Der Schweizer Franken verliert seinen haushohen Geldwertstabilitätsvorsprung. Damit steigen die Chancen, dass der EUR/CHF-Kurs noch eins drauf setzt und auf 0,97 steigt. Dort lauern Euro-Shortseller.

Aktuell ist der Schweizer Franken die riskantere Währung mit Abwertungscharakter. Das hängt zum einen mit dem Rücktritt von Thomas Jordan zusammen. Solange die Suche nach einem neuen Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) läuft und die Märkte den Nachfolger auf ihrer Notenbankskala von "dovish to hawkish" nicht einordnen können, gibt es ein Unsicherheitsfaktor zu Lasten des Franken.

Seit fünf Wochen ist der Euro gegen den Schweizer Franken ununterbrochen am steigen. Das gab es zuletzt im September 2022. Bei dem Rücksetzer Ende Januar/Anfang Februar handelt es sich lediglich um ein Pullback in einem Aufwärtstrend, und so ist der Euro sogar auf Kurs das gesamte 1. Quartal hindurch zu steigen.

Starkes Comeback

Wer hätte sich diese kräftige Reaktion Ende 2023 ausmalen können? Damals fiel der Eurokurs auf ein Rekordtief bei 0,9250 CHF. Im März 2024 notiert er mit 0,9630 um 4% höher. Ein Runterkrachen gefolgt von einem steilen Anstieg (V-Bottom) ist selten.

Die Inflation in der Eurozone sank im Februar auf 2,6%. Die Reaktion des EUR/CHF-Kurses auf den Inflationsunterschied ist von Natur aus träge und langatmig. In der Schweiz liegt die Jahresinflation aktuell bei 1,2%. Damit ergibt sich ein Inflationsunterschied zu Gunsten des geldwertstabileren Franken von 1,4%. Vor einem Jahr hatte dieser Vorteil noch 5,3% betragen.

Vergleichsdiagramme Euro Inflation zu Schweiz mit EURCHF Wochencharts

Wann der an Geldwertstabilität hinzugewonne Euro zum Schweizer Franken ein neues Inflationsgleichgewicht gefunden hat, können nur Charttechnik und Price Action beantworten.

Beispiel: Ein auf die fundamentale Seite spezialisierter Volkswirt empfiehlt im November 2023, als der Inflationsunterschied auf 1% sinkt, den Euro zu kaufen.

Das war zu früh, als der Euro Ende 2023 massiv einbricht. Fundamentalanalysten haben bei Devisenprognosen chronische Timing-Probleme.

Der Volkswirt liegt mit seiner Empfehlung den Euro zu kaufen trotz des steilen Anstiegs in 2024 immer noch im Minus. Sein Breakeven ist erst bei einem Eurokurs von 0,97 CHF erreicht.

Ausblick

Devisenmarktakteure warten aktuell auf einen Pullback des Euro, also ein oder zwei schwarze Wochenkerzen, wie es sie Ende Januar gab. Ein Pullback kann auch seitwärts verlaufen, was der Wochenchart dann in Doji-Kerzen ausdrückt. Das sind Kerzen, die weder erkennbar weiß noch schwarz sind.

Was die Price Action derzeit nicht leisten kann, ist eine Prognose zu treffen, ob der Anstieg weitergeht oder ein Pullback kommt. Es gibt gute Argumente für Beides:

1. Anstieg auf 0,97

Bei Eurokursen von 0,9680 bis 0,97 liegt ein wichtiger, horizontaler Widerstand. Von diesem geht eine Magnetwirkung aus. Das bedeutet: Euro-Shortseller warten, bis dieses Niveau erklommen wird.

Gleichzeitig presst die Longseite ihre Euro-Trades. Gewinne auf Euro-Positionen werden erst mitgenommen, wenn 0,97 erreicht ist.

2. Pullback auf 0,9530

Während die Zeichen auf dem Wochenchart weiterhin auf Anstieg stehen, gibt es auf dem Daily Chart wegen des Überschießens einer Aufwärtskanallinie das erste Anzeichen eines Pullbacks.

Gelingt es dem Schweizer Franken den Eurokurs in den kommenden Tagen leicht unter 0,9590 zu drücken, wäre Platz für einen mehrtägigen Pullback auf ein Unterstützungsniveau bei 0,9530.

Fazit:

Es gibt aktuell keine klare Wahrscheinlichkeit von 60% oder mehr für einen Anstieg oder einen Rückfall des EUR/CHF-Kurses. Das dürfte sich aber mit Eintreffen der nächsten Tageskerzen und dem Wochenschluss rasch ändern.