Euro kollidiert mit hohen Erwartungen - nicht so der CHF
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Euro kollidiert mit hohen Erwartungen - nicht so der CHF

Die EUR/CHF-Entwicklung ist in einem Bereich, der sich am besten als Mezzanine beschreiben lässt. Diese Zwischengeschoss ist drei Rappen hoch. Gelingt dem Euro nach 2018 und 2021 ein weiteres Miracle?

Kleine Kursschwankungen vergrößern die Planungssicherheit von Schweizer Exporteuren. Die haben sich daran gewöhnt, dass der Eurokurs zwischen 0,96 und 0,99 CHF notiert.

Im Verlauf des ersten Quartals schaffte es der Eurokurs zwar auf und stellenweise über 1,00 CHF. Diese Ausflüge waren aber von kurzer Dauer.

Der Euro versäumte es in den letzten Monaten mit der guten Stimmung an den Finanzmärkten den Schweizer Franken weichzuklopfen.

Aktuell herrscht ein großer Widerspruch: Während die Realwirtschaft, allen voran die Industrieunternehmen und das Baugewerbe, zunehmend in Probleme gerät, klettern die Börsen auf Rekordhochs.

Der Eurokurs schlug aus der hohen Risikobereitschaft kaum Kapital. Als die Hausse bei Dax, Dow Jones und Co. Anfang Oktober 2022 begann, notierte er auf 0,95 CHF. Aktuell auf 0,96.

Drei Möglichkeiten für EUR/CHF

  1. Die Diskrepanz zwischen der Realwirtschaft und den Finanzmärkten setzt sich fort.
  2. Dax, Dow Jones und Co. fallen 10-20%, um der schwachen Realwirtschaft Rechnung zu tragen.
  3. Die Börsen steigen auf neue Allzeithochs. Die Realwirtschaft hat das Schlimmste hinter sich, und befreit sich Zug um Zug aus dem Rezessionsumfeld.

zu 1: Wahrscheinlichkeit: 30%
Die Trägheit (Inertia) der Finanzmärkte, immer wieder das zu tun, was sie gerade zuvor gemacht haben, wird oft unterschätzt. Das spricht dafür, dass der Eurokurs seine Seitwärtsentwicklung zwischen 0,96 und 0,99 CHF fortsetzt.

zu 2: Wahrscheinlichkeit: 45%
Weicht Risikobereitschaft Risikoscheu, dürfte der Schweizer Franken auf 0,94 per 1 Euro aufwerten. Damit wäre der Euro so schwach wie letztes Mal im September 2022.

zu 3: Wahrscheinlichkeit: 25%
Eine bessere Konjunktur bei kleineren Inflationsraten wäre ein Traumszenario für den Euro. Er würde nun auf 1,01 CHF, dem Hoch vom Januar 2023, zulegen.

Ein Anstieg auf Parität, wie er von vielen Banken in Deutschland und Österreich prognostiziert wird, ist demzufolge ein Extremszenario. Es geht sich dafür weder von fundamentaler noch von charttechnischer Seite her aus.

Der dicke Prognosebauch mit einer Wahrscheinlichkeit von 75% liegt zwischen Eurokursen von 0,94 und 0,99 CHF.

Divergenz EUR/CHF-Kurs mit PMI Eurozone Industrie

Am Devisenoptionsmarkt sind Put-Optionen, mit denen sich beispielsweise Schweizer Exporteure gegen einen stärkeren Franken absichern, deutlich teurer als Call-Optionen. 

Damit sich das ändert, müsste ein dramatischer Stimmungswechsel zu Gunsten des Euro stattfinden. Zu so etwas ist der Euro zwar prinzipiell in der Lage:

  • Er klettere zwischen Mindestkurs-Aus Anfang 2015 und Mai 2018 von 0,98 auf 1,20.
  • Wegen des Einstiegs in eine gemeinschaftliche Verschuldung (EU-Aufbaufonds) im Zuge der Corona-Pandemie stieg EUR/CHF in zehn Monaten von 1,05 auf 1,12.

Ein Miracle kommt für den Euro aber 2023/24 auch wegen der euro-verkaufenden Schweizerischen Nationalbank (SNB) nicht in Frage. Überdies sei der Schweizer Franken nicht überbewertet, betont die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).

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