Krisenjahr 2022: Der Schweizer Franken steht bereit
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Krisenjahr 2022: Der Schweizer Franken steht bereit

Es knistert im Gebälk der Finanzmärkte, und so fällt der Eurokurs auf 1,0360 Franken. Anleger hinterfragen das mit riesigen Schuldenbergen und überhitzten Notenpressen flottgemachte Finanz- und Wirtschaftssystem. Wechselt die Euro-Franken-Rate auf die Hochgeschwindigkeitstrasse zur Parität? Oder hat die Schweiz dafür selbst zu viel auf dem Kerbholz?

Die Wall Street mit ihren extrem hohen Aktienkursen ist die Wurzel des Übel. Geht es hier nach unten, so wie das in den letzten Tagen geschehen ist, quillt die Schweizer Mokkatasse über. Zu den kurzfristigen Umschichtungen in den Franken kommen die langfristigen, die stets da sind: Weil die Inflation in der Schweiz um 3,5% niedriger ist als im Euroraum spricht man auch von einer natürlichen Aufwertungstendenz des Frankens.

Aufgrund der Unsicherheit werden die schmutzigen Ecken durchleuchtet. In Italien hat sich der Zins auf zehnjährige Staatsanleihen seit Mitte 2021 verdoppelt. Dazu muss man wissen: Als selbiger Zinssatz vor einem Jahr von 0,55% auf 0,80% stieg, verfiel die Europäische Zentralbank (EZB) in Panik und erhöhte umgehend ihre Käufe von Staatspapieren.

"Die Frage ist nicht, ob die Parität kommt, sondern nur wann", ist sich Jan-Egbert Sturm, Leiter der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich, sicher. Knistert er in den nächsten Wochen und Monaten noch stärker im Gebälk des Finanzsystems, könnte es bereits in diesem Jahr für ein Euro ein Franken geben.

Die Achillesferse der im letzten Jahrzehnt per Salamitaktik eingeführten Schulden- und Notenpressenwirtschaft ist folgende: Alsbald die ungemein nach oben getriebenen Vermögenswertpreise beginnen zu wackeln, wackelt die Realwirtschaft. Dieser negative Rückkopplungseffekt tritt ohne Verzögerung ein.

Politiker lieben Schulden

Man hätte auch einen anderen Weg gehen können. Doch ein Freihandelsabkommen auszuhandeln fanden Europäer und Amerikaner zu beschwerlich. Politiker haben es sich lieber gemütlich gemacht und die Notenpressen angekurbelt. Die, die damals ausführten, haben heute die Aufsicht übernommen.

  • Ex-EZB-Chef Mario Draghi ist Italiens Premier und attackiert gegenwärtig mit Frankreichs Präsident Macron nach dem Motto Whatever it Takes die im Vertrag von Maastricht stehenden Euro-Schuldenobergrenzen.
  • Die frühere US-Notenbankchefin Yellen ist Finanzministerin und segnet jährliche Neuverschuldungen von 10% der Wirtschaftsleistung nur allzu bereitwillig ab.

In der Privatwirtschaft gibt es die gute Regel, dass ein Vorstandsvorsitzender nicht nach Ende seiner Amtszeit Aufsichtsratschef wird. Nicht so im Euroraum. Hier herrscht Kungelwirtschaft. Es sind immer die gleichen Gesichter. Sie haben Vorfahrtsschilder für Schulden und Stoppschilder für Strukturreformen in den Köpfen.

Die frühere Finanzministerin Lagarde ist inzwischen EZB-Chefin. Spaniens Ex-Kassenwart de Guindos EZB-Vizechef. Ex-Eurogruppen-Chef, der portugiesische Finanzminister Centeno, wechselte an die Spitze der Notenbank und sicherte sich damit ein Platz im EZB-Rat. Der frühere EU-Währungskommissar Rehn kam ebenfalls über die Notenbankschiene zur EZB.

Schweizer Kerbholz

Die Schweiz ließ ein über Jahre ausgehandeltes Rahmenabkommen mit der EU einfach platzen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat sich etwa 800-900 Milliarden CHF selbst gedruckt und in Euro, Dollar, Aktien und Anleihen gesteckt. Brechen Aktien- und Anleihemärkte ein und sinkt EUR/CHF auf Parität, macht die SNB einen Riesenverlust. Und das würde am Image des Schweizer Franken kratzen.

Kommt der große Knall, muss man sich allerdings um die Euroländer größere Sorgen machen. Die Euro-Franken-Rate bleibt damit so oder so auf Kurs zur Parität. Mit Blick auf den Zeitraum 2025-2030 kann man sich inzwischen darüber Gedanken machen, wie tief es nach unten geht. Findet der Eurokurs bei 0,95 Franken Halt oder erst bei 0,90?

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