Spekulanten stehen vor Attacke auf Schweizer Notenbank
Home » , » Spekulanten stehen vor Attacke auf Schweizer Notenbank

Spekulanten stehen vor Attacke auf Schweizer Notenbank

Für die Schweizerischen Nationalbank (SNB) geht die Aufwertung des Franken schnell, aber nicht zu schnell. Die Notenbank weigert sich bei EUR/CHF 1,0450 eine Linie in den Sand in den Sand zu ziehen. Sie hält ihr Pulver trocken, um eine Spekulanten-Attacke auf die Euro-Franken-Rate bei 1,04 abzuwehren. Das es soweit kommen kann, dafür sorgt ein schrecklicher Verdacht.

Das Verbrauchervertrauen in den Euroländern hat sich im November stärker eingetrübt als erwartet, zeigt ein gestern veröffentlichter Indikator. Der Eurokurs suchte daraufhin erneut den Kontakt mit dem am Freitag erreichten Sechseinhalb-Jahrestief bei 1,0450.

"Es muss gefährlich sein, gegen die SNB zu spekulieren", sagt der frühere Leiter des Asset Management selbiger SNB, Thomas Stucki, der Nachrichtenagentur AWP. Die wichtigste Waffe der Schweizer Notenbank im Ringen gegen Spekulanten sei ihre Unberechenbarkeit, ist sich Stucki sicher.

In der letzten Woche war die SNB nicht gewillt, dem Euro unter die Arme zu greifen. Das zeigen die Sichtguthaben. Die Einlagen der Geschäftsbanken bei der SNB stiegen nur hauchdünn von 719,2 Milliarden Franken auf 719,3 Milliarden Franken. Zum Vergleich: Als die SNB den Mindestkurs bei 1,20 durchsetzte, kletterten die Sichtguthaben pro Woche stellenweise um mehr als 10 Milliarden Franken.

Mit einem Schlagabtausch zwischen den Spekulanten und der SNB ist laut Stucki erst bei einem Absinken der Euro-Franken-Rate auf 1,04 zu rechnen.

Der Euro ist aktuell extrem angeschlagen. Auch gegenüber dem US-Dollar sackt die Gemeinschaftswährung immer tiefer. Aktuell gibt es für 1 Euro gerade einmal noch 1,12 Dollar. Das sind elf Cents weniger als im Juni.

Ein schrecklicher Verdacht

Die deutliche Aufwertung des US-Dollar zum Euro ist insofern grotesk, als die USA eine Inflation von 6% haben, die Eurozone aber "nur" von 4%. Zwar ist die US-Notenbank (Fed) dabei die Geldpolitik etwas restriktiver zu gestalten. Die Straffung verläuft aber in Mini-Schritten. Überdies hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Staatsanleihen-Käufe ebenfalls etwas reduziert.

Damit erhärtet sich der Verdacht, dass die "wahre" Inflation in der Eurozone höher ist als von offizieller Seite angegeben. Proberechnung zeigten, dass bei veränderten Messung der Inflation in der Eurozone die Rate um 0,5% steigern könnte, sagte unlängst der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann.

Es werde allerdings noch drei bis fünf Jahre dauern, bis die Eurozone zu einer neuen Inflationsmessung, die näher an der tatsächlichen Teuerung ist, übergeht. Dahinter steckt ein politisches Kalkül: Weist man die Inflation tiefer aus als sie tatsächlich ist, hat die EZB mehr Handlungsspielraum Staatsanleihen aus Italien und anderen hochverschuldeten Euroländern zu kaufen.

Der Preis für dieses Versteckspiel wird per schwächeren Euro bezahlt. Ferner besteht natürlich immer die Möglichkeit die Inflation tiefer auszuweisen: Es würde jedenfalls nicht wundern, wenn der italienische Ministerpräsident Draghi zum Telefonhörer greift, den Chef des nationalen Statistikamtes anruft und ihn auffordert, die Inflation verstärkt in solchen Landesteilen zu messen, wo die Geldentwertung traditionell niedriger ausfällt.

"Die Inflation bereitet mir auch schlaflose Nächte", so OeNB-Chef Holzmann. Das Thema Geldentwertung ist aktuell eine ganz heiße Kartoffel an den Finanzmärkten. Man muss leider davon ausgehen, dass sich die handelnden Akteure an einer Richtlinie des früheren EU-Chefs orientieren: "Wenn es ernst wird, muss man lügen", sagte Jean-Claude Juncker während der Euro-Schuldenkrise.

Zum Thema:
EUR/CHF-Kaufkraftparität: Das ist interessant