Flash Crash: Das dicke Ende für den Euro kommt erst noch
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Flash Crash: Das dicke Ende für den Euro kommt erst noch

Die Euro-Franken-Rate sinkt fast so pfeilschnell wie bei der überraschenden Aufhebung der Stützgrenze von 1,20. Der Euro ist eine Inflationswährung mit Abwertungscharakter. Entsprechend niedrig sind die Chancen für einen EUR/CHF-Kurs mit einer eins als erster Nachkommastelle. Vielmehr besteht die Gefahr eines plötzlichen Flash Crash auf 1 Euro = 1 Franken.

In den letzten zwei Wochen hat sich der Euro zu einer noch größeren Risikowährung entwickelt. Am Devisenoptionsmarkt haben sich Put-Optionen, mit denen sich Schweizer Exporteure gegen einen fallenden Euro absichern, noch einmal deutlich verteuert. Hintergrund für die steigenden Absicherungsprämien ist der Absturz des EUR/CHF-Kurses von 1,0940 auf 1,0366.

Dieser Absturz stellt die Schwächephasen des Euro der letzten sieben Jahren in den Schatten. Der Anfang 2020 von dem Ausbruch der Corona-Pandemie induzierte Rückfall war zwar ebenfalls gravierend. Er ging aber langsamer vonstatten. Auch der Rückgang nach dem übertriebenen Anstieg auf 1,20 im März 2018 hatte keine so hohe Wucht.

Die aktuelle Lage weist Parallelen zu der plötzlichen Aufhebung des Mindestkurses Anfang 2015 auf. Damals entschied sich die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Verteidigung der Marke von 1,20 aufzugeben. Aktuell geht es um das Wegziehen der notenbankseitigen Untersützung bei 1,05. Dieses Kursniveau hatte die SNB vor anderthalb Jahren massiv und erfolgreich verteidigt.

"Selbst Notierungen von unter 1,05 gegenüber dem Euro sind für die eidgenössischen Währungshüter kein Tabuthema mehr", schlussfolgert die VP Bank. Die SNB wolle die Marke von 1,05 nicht länger verteidigen, sagt auch die Bank J. Safra Sarasin.

Weiterlesen: Euro sinkt auf 1,03 Franken, sagt Bank J. Safra Sarasin

Die Devisenexperten der Banken mit EUR/CHF-Prognosen von 1,10 und höher sind von einer Verteidigung der 1,05 ausgegangen. Wie sich jetzt herausstellt, hat sie die SNB im Stich gelassen. Dieselben Experten waren bereits in ihrem unerschütterlichen Glauben an die Verteidigung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken auf die Nase gefallen.

Der Euro sank zuletzt kurz auf 1,0366 Franken. Wie erwartet, hat die Devisenpresse dieses Tief nicht erkannt, und so sehen die Börsenportale den Euro derzeit fälschlicherweise bei 1,0415 Franken auf den tiefsten Stand seit sechs Jahren und fünf Monaten.

Bei 1,0366 lassen sich auf einem Tick-Chart deutliche Spuren für Interventionen der SNB finden. Gleichwohl besteht die Gefahr, dass Spekulanten die SNB überwältigen und die Euro-Franken-Rate kurz auf 1,00 drücken. Von der Parität geht eine Magnetwirkung aus. Der Rückfall auf 1,0366 wäre dann ein kleiner Flash Crash. Ihm würde ein großer Flash Crash folgen. Eine Erholung des Euro (Reversal) bliebe wieder einmal aus.

Die Peak-Wette

Auch wenn die Inflation in den kommenden Monaten etwas runterkommen wird, so bleibt der Euroraum im Vergleich zur Schweiz überinflationiert. In Deutschland, Europas größter Volkswirtschaft, stieg die jährliche Inflation im November auf 5,2%. Das war der höchste Stand seit knapp 30 Jahren. Im Euroraum lag die Inflation bei 4,9%. Die Schweiz hat hingegen nur 1,2%.

Der Weg zurück auf eine mit den Euro-Verträgen konforme Inflation von 2% ist weit. Europäische Zentralbank (EZB), die sie unterstützenden Ökonomen und Vermögensverwalter sowie weite Teile der Politik versichern, dass die Inflation rasch sinken wird. Eine riskante Wette.

Vermögensverwalter verharmlosen Inflationsgefahren, weil sie eine Straffung der Geldpolitik, die den Wert ihrer Aktienportfolios mindern würde, verhindern wollen. Politiker streben eine hohe Geldentwertung an, um einen Teil der ausufernden Staatsschulden wegzuinflationieren.

Sie alle sagen: Der aktuelle Inflationsanstieg sei einmalig (Peak). 2022ff werde die Inflation spürbar sinken. Tatsächlich sind einmalige Peaks bei der Entwicklung von Preisen und Kursen sehr selten. Es kommt fast immer etwas nach. Nach einer kurzen Abschwächung wird der Peak per langsameren Anstieg noch einmal erreicht oder sogar übertroffen.

Die Inflationsrisiken bleiben wegen den hohen Haushaltsdefiziten der Euroländer groß. Überdies gelangt wegen den Staatsanleihen-Käufen zu viel Geld in den Umlauf.

Und so wird man wohl in einigen Jahren zurückschauen und feststellen: Die Euro-Währungshüter, die aktuell eine Rückkehr der Inflation auf 2% versichern, haben genauso geschummelt wie Frankreich, Italien und Spanien, die Jahr ein Jahr aus zusagen, ihre Haushaltsdefizite unter 3% zu bringen, dieses Ziel aber nie erreichen.