Darf's noch ein bisschen mehr sein als 1,08?
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Darf's noch ein bisschen mehr sein als 1,08?

Der Euro legt nach der Veröffentlichung eines strittigen EZB-Sitzungsprotokolls einen Zahn zu, und so klettert der EUR/CHF-Kurs auf 1,0805. Endet die Erholung an dieser Stelle bereits? Oder kommt noch etwas nach?

Bei 1,08 setzen Gewinnmitnahmen ein, nachdem sich der Euro mit dem Ausbruch aus der Seitwärts-Range Kopffreiheit verschafft hat. Devisenhändler, welche den Euro in der letzten Wochen bei 1,07 Franken kauften, machen Kasse.

Shortsellern, die den Euro erneut unter 1,07 Franken drücken wollen, darf man die Abnahme von 1,0805 auf 1,0780 nicht in die Schuhe schieben. Diese Information ist wichtig, als sie zeigt: Aktuell sind keine aggressiven Euro-Verkäufer im Markt. EUR/CHF ist daher imstande nach Beendigung der Gewinnmitnahmen höher über 1,08 zu steigen.

Auf einen Iren kommt es an


Mit ihrem Versprechen den Leitzins bis 2025 bei mindestens -0,50% belassen, hat die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) die Vertreter einer weniger radikal anmutenden Geldpolitik vor den Kopf gestoßen.

"Es waren die bislang gravierendsten Unstimmigkeiten unter den Währungshütern in der bisherigen Amtszeit von Notenbankchefin Christine Lagarde", analysiert die Nachrichtenagentur Reuters das am Donnerstag veröffentlichte EZB-Sitzungsprotokoll.

Es ist das Ende des Corona-Burgfriedens: Die EZB-Vertreter Deutschlands, Österreichs, der Niederlande und Belgiens tragen nicht mehr alles bedingungslos mit, was ihnen die Französin und ihre verbündeten südeuropäischen Vertreter vorsetzen.

Die Schlüsselfigur ist der mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete EZB-Chefvolkswirt Philip Lane. Er lässt sich bisher vor den Karren von Lagarde's französischem Verständnis – der Staat und die Notenbank soll und kann alles steuern – spannen.

Gleichzeitig ist Lane bei den südeuropäischen EZB-Vertretern hochbeliebt, als er keine Einwände hat, die Südländer mit Geld aus der Notenpresse uneingeschränkt zu subventionieren. Der Ire lehnt Forderungen nach mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiative, wie sie von einem deutschen Bundesbanker kämen, ab.

Aber auch der EZB-Chefvolkswirt Lane dürfte sich des Moral Hazard bewusst sein. Das verantwortungslose, risikoreiche, fahrlässige Verhalten von Euroländern wie Italien, das im Auftürmen immer höherer Schuldenberge und kleineren Wachstumsraten zum Ausdruck kommt, lässt sich nun einmal nicht wegdiskutieren.

Sollte sich Lane von Lagarde und den Südländern emanzipieren, wäre das eine gute Sache für den Euro. Bisher gibt es dafür allerdings keine Anzeichen: "Richtschnur wird die Wahrung günstiger Finanzierungsbedingungen sein", sagte Lane gerade. Ein Satz, wie ihn der frühere EZB-Chef Draghi nicht hätte besser formulieren können.

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