Spendiert die Schweiz dem Euro ein Mindestkurs von 1,10?
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Spendiert die Schweiz dem Euro ein Mindestkurs von 1,10?

Mächtige Stimmen aus der Wirtschaft und der akademischen Lehre fordern eine höhere Inflation für die Schweiz. Damit nicht genug. Mit einem nigelnagelneuen Wechselkursziel soll der Franken unter Kontrolle gebracht werden. Die Bedeutung für den Euro-Franken-Kurs ist immens.

Der Schweizer Franken hat sich seit dem 17. Februar 2021 um 3% gegenüber dem Euro abgeschwächt. Am gleichen Tag haben drei einflussreiche Ökonomen eine Studie veröffentlicht, in der sie die Schweizerische Nationalbank (SNB) dazu drängen, die Geldpolitik künftig laxer zu gestalten.

Das Ganze erinnert an die Wochen vor der Aufhebung des Euro-Stützgrenze bei 1,20 Franken. Seinerzeit hatte der wissenschaftliche Mentor von SNB-Chef Thomas Jordan, Ernst Baltensperger, die Aufrechterhaltung des Mindestkurses in den Printmedien in Frage gestellt. Es folgte der Frankenschock, also die massive Abschwächung des Euros zum Franken.

Euroschock


Aktuell rumort es wieder. Anders als vor sechs Jahren geht es dieses Mal um einen Euroschock, also eine erhebliche Abschwächung des Frankens zum Euro.

Die SNB brauche ein höheres Inflationsziel kombiniert mit noch mehr Interventionen am Devisenmarkt. Das fordern Yvan Lengwiler, Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Basel und von 1994 bis 2001 wissenschaftlicher Berater der SNB, Stefan Gerlach, früher Vizepräsident der irischen Notenbank, jetzt Chefökonom der Bank EFG und Charles Wyplosz,Graduate Institute, Genf.

Abbildung Wechselkurssysteme


Es ist davon auszugehen, dass die Vorschläge von Teilen der Politik und Wirtschaft unterstützt werden. Für den Euro-Franken-Kurs ist das geforderte Wechselkurssystem von immenser Bedeutung. Die drei Experten wollen ein Crawling Peg, ähnlich dem von Singapur. Der Unterschied zum aktuellen Wechselkurssystem ist folgender:
  • Bisher führt die SNB Euro-Stützungskäufe nur durch, wenn der EUR/CHF-Kurs zu stark am fallen war. Letztes Jahr verteidigte man die Marke bei 1,05.
  • Ein Crawling Peg-System würde es der SNB erlauben, auch bei EUR/CHF-Kursen von 1,10 oder 1,12 massiv zu stützen.
Damit das nicht wie beim 1,20er-Mindeskurs schiefgeht, will man die Schweizer Teuerung mit einem höheren SNB-Inflationsziel anheizen. Dadurch wäre der auf dem Franken lastende Aufwertungsdruck, herrührend aus der Kaufkraftparität und der stets tieferen Inflation gegenüber der Eurozone, geringer.

Zum Thema: EUR/CHF-Ausblick 2025: Es ist vorbei!

Worüber die drei Professoren nicht sprechen: Die Schweiz würde sich unwiderruflich an den Euro ketten. Die SNB müsste noch mehr Euros aufkaufen, ein gigantisches Klumpenrisiko entstünde. Die Schweiz wäre künftig noch sehr viel stärker von der Eurozone abhängig. Die meisten Schweizerinnen und Schweizer wollen das ebensowenig wie eine EU-Mitgliedschaft.

🔗 Mehr Inflation, neues Wechselkursziel, SNB-Observierer, 17.02.2021
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