Warum der Schweizer Franken so stark ist
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Warum der Schweizer Franken so stark ist

Mit Blick auf den starken Schweizer Franken spricht die Schweizerische Nationalbank (SNB) von einem "altbekannten Problem". Man habe in den letzten Monaten verstärkt am Devisenmarkt interveniert, um den Aufwertungsdruck auf den Franken abzuschwächen, sagt SNB-Präsident Thomas Jordan. Dies hat dazu geführt, dass der Eurokurs bei 1,05 Franken die Kurve kratzte und aktuell bei 1,07 steht.

Die hohe Unsicherheit über den Wirtschaftsausblick habe zu einer Flucht in den als "Sicheren Hafen" wahrgenommenen Franken geführt. Als zweiten Treiber für den starken Franken nennt Jordan Zinssenkungen und Anleihenkäufe der großen Notenbanken. Der SNB-Chef spielt auf das 1,35 Billionen Euro Staatsanleihen-Kaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme, PEPP) der Europäischen Zentralbank (EZB) an.

Was solche Kaufprogramme angeht, ist die Schweizerische Nationalbank ein gebranntes Kind: Anfang 2015 beschloss die EZB ein großangelegtes Ankaufprogramm von Staatsanleihen (QE), das das während der Euro-Schuldenkrise aufgelegte Vorgängerprogramm in den Schatten stellte. Daraufhin wurde der Aufwertungsdruck auf den Schweizer Franken immens. Die SNB musste die Notbremse ziehen. Sie hob den Euro-Mindestkurs bei 1,20 Franken auf. Die Stützgrenze hatte sie zuvor über drei Jahre erfolgreich verteidigt.

Geht die SNB pleite?


Weil die SNB nicht davon loskommt am Devisenmarkt Euros zu kaufen, steigen ihre Devisenreserven. Sie sind inzwischen auf einen Gegenwert von 850 Milliarden Franken angeschwollen. Es handelt sich hier um ein immer größer werdendes Klumpenrisiko für den Schweizer Steuerzahler. Wenn der Euro und/oder die Kurse der von SNB erworbenen Anleihen und Aktien merklich fallen, liegen die Verluste im zwei- bis dreistellige Milliardenbereich.

Dadurch besteht die Gefahr einer Pleite der SNB. Der Steuerzahler müsste frisches Kapital nachschießen. SNB-Offizielle bestreiten, dass es soweit kommen kann. Man sei auch in der Lage mit negativem Eigenkapital Geldpolitik machen, sagen sie. Hintergrund ist die Notenpresse: Die SNB kann sich ihr eigenes Geld drucken, um eine Pleite abzuwenden.

Eine Besonderheit der Schweiz sei, dass der Schweizer Franken als sicherer Hafen in der Regel aufwertet, wenn sich die globale Risikostimmung eintrübt, erklärt Jordan. "In den letzten Jahren führte daher eine Reihe von Krisen zu Aufwertungsschüben beim Franken, insbesondere die globale Finanzkrise und die europäische Staatsschuldenkrise", so der SNB-Chef.

Wechselkurs-Diagramm Euro-Schweizer Franken 2002-2020 unterteilt nach Anstiegsphasen und Talfahrten
Wechselkurs Euro - Schweizer Franken (EUR/CHF)

Im Herbst 2007 gab es für 1 Euro 1,68 Franken. Dann brach die Finanzkrise mit dem Banken-Run auf das britische Geldhaus Northern Rock aus. Als die Griechenland-Krise Anfang 2010 die Finanzmärkte erschütterte, notierte der Euro-Franken-Kurs bei 1,50. Solche Kurse sind aus heutiger Sicht astronomisch weit weg. Um sie wieder zu erreichen, bräuchte es wohl einen Nord-Euro, bestehend aus Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Finnland und den baltischen Staaten.

Den Euro gibt es seit 20 Jahren, den Schweizer Franken seit über 100 Jahren. Der Gemeinschaftswährung gelang es lediglich einmal über einen längeren Zeitraum zuzulegen. Von 2002 bis 2007 kletterte der Euro-Franken-Kurs von 1,45 auf 1,68 (+16%). Der Anstieg basierte auf der Annahme, dass der Euro trotz Konstruktionsfehlern bestehen kann. Dies stellte sich als Trugschluss heraus.

Der Anstieg von 0,98 auf 1,20 zwischen Anfang 2015 und April 2018 war auf besondere Umstände zurückzuführen: Zum einen auf die Erholung nach dem Mindestkurs-Schock. Zum anderen auf kräftiges Wachstum in der Eurozone. Man kann von einer Anomalie sprechen, als der Konjunktureffekt in diesen drei Jahren stärker war als der Verwässerungseffekt über die EZB-Notenpresse.

Fazit und Ausblick


Um die Eurozone ab 2010 zusammenzuhalten, haben die Verantwortlichen auf Weichwährungskurs umgeschwenkt. Staatsanleihen-Käufe, Nullzinsen und immer weiter steigende Schulden sind ihre Folterinstrumente. Die Schweiz fährt eine ähnlich radikal anmutende Geldpolitik. Sie hat den negativsten Leitzins auf der ganzen Welt und kauft mit Franken aus der Notenpresse Fremdwährungen in riesigen Volumina an.

Die SNB tut das, damit der Schweizer Franken nicht noch stärker wird. Der Euro ist allerdings um ein Vielfaches größer als der Franken, und so geben die Weichwährungspolitiker aus der Eurozone, zu denen auch die deutsche Kanzlerin Merkel zählt, den Ton an. Der Einfluss der Schweiz ist begrenzt. Der SNB bleibt nichts anderes übrig, als zu versuchen eine weitere Aufwertung des Frankens möglichst lange hinauszuzögern.



Quelle:
Schweizerische Nationalbank (SNB), Referat Thomas Jordan, 14.07.2020
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