Über EUR/CHF-Hedging scheiden sich die Geister
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Über EUR/CHF-Hedging scheiden sich die Geister

Die Schweizer Wirtschaft kann trotz enger Verflechtung mit der Eurozone nachteilige Wechselkursschwankungen problemlos abfedern. Kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) profitieren von dem deutlichen Anstieg des Euro-Franken-Kurs auf 1,09 stärker als SMI-Großkonzerne. Es gibt zwei Linien im Sand: Bei 1,05 verteidigt die Schweizerische Nationalbank (SNB). Die tatsächliche Schmerzgrenze liegt bei 1,03.
  • Am 18. Mai 2020 sinkt der Euro-Franken-Kurs auf 1,0498 (5-Jahrestief).
  • Das Schweizer Blue-Chip-Börsenbarometer SMI notiert bei 9.741 Punken.
  • Am 5. Juni 2020 klettert der Euro-Franken-Kurs auf 1,0915 (6-Monatshoch)
  • Der SMI notiert bei 10.190 Zählern. Das sind 4,6% mehr als am 18. Mai.
  • Der deutsche Aktienindex (Dax) legt im gleichen Zeitraum 16% zu.
  • Österreichs ATX schafft 12%.
Die Underperformance des SMI trotz merklicher Franken-Abschwächung zeigt: Firmen wie Nestlé und Roche profitieren von der Franken-Abschwächung trotz hohen Euro-Umsatzerlösen nicht. Sie schauen möglicherweise sogar in die Röhre. Als der Eurokurs bei 1,05 Franken war, dürften sich nicht wenige SMI CFO's gegen einen noch schwächeren Euro mit Derivaten wie Forward-Kontrakten abgesichert haben.

Jetzt, da es für 1 Euro 1,09 Franken gibt, geht das Ganze natürlich nicht auf. Man muss seine Euro-Umsatzerlöse wegen den Terminkontrakten zu einem EUR/CHF-Kurs von 1,05 in Franken wechseln. Hätte man keine Absicherung vorgenommen, bekäme man 1,09. Beispiel: Bei 10 Millionen Euro-Umsatzerlösen landen 10,5 Millionen Franken in der Gewinn-Verlustrechnung. Ohne Absicherung wären es 10,9 Millionen Franken.

Viele kleine- und mittleren Unternehmen (KMU) dürfte hingen von der Franken-Abschwächung profitieren. Hier sichert man sich traditionell nicht so rigoros gegen Wechselkursverluste ab. Manche machen auch überhaupt nichts beim Hedging. Sie haben diesen Job quasi an die Schweizerische Nationalbank (SNB) outgesourct und sparen sich die Kosten für teure Terminkontrakte bzw. hohe Options-Versicherungsprämien.

Die SNB hat den Eurokurs dieses Jahr erfolgreich über 1,05 Franken gehalten. Aber selbst wenn er darunter gefallen wäre, gäbe es noch Spielraum für die KMU. Erst bei einem Eurokurs von 1,03 Franken würden sich die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Schweiz verschärfen, meint die UBS. Aktuell, da es für 1 Euro 1,09 Franken gibt, ist die Schmerzgrenze weit entfernt.

Kerzenchart EUR/CHF-Kurs 2018-2020 mit eingezeichnetem Anstiegs-Szenario 2021

Das kann sich aber schnell wieder ändern. Der Euro fällt mitunter sehr rasch. Ende Mai 2018 rasselte er in nur einer Woche von 1,17 auf 1,14 Franken (-2,6%). Es gibt ein nicht zu unterschätzendes Risiko, dass in den nächsten Wochen etwas ähnliches passiert und der Euro auf 1,06 Franken purzelt.

Die Abwärtstrendlinie sei doch gebrochen, mögen viele einwenden. Das ist aber nur die halbe Miete. Damit es zu einer wirklichen Trendumkehr (Reversal) kommt, braucht es noch einen Test des 5-Jahrestief bei 1,0498. Ein solcher Test wäre ein Rückfall des Euros auf etwa 1,06 Franken und die damit verbundene Bildung eines höheren Tiefs.

Jetzt kommen die Euro-Käufer inklusive Spekulanten zurück. Der Weg für eine zweiphasigen Anstieg der Devisennotierung auf 1,12 bis Mitte 2021 wäre frei.
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