Für einen harten Euro ist die Eurozone zu verschieden
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Für einen harten Euro ist die Eurozone zu verschieden

Der Euro reagiert mit Verlusten auf den Streit über Finanzhilfen für Italien und Spanien. Für den EUR/CHF-Kurs geht es auf 1,0550 runter. Das 5-Jahrestief bei 1,0520 vom 19. März 2020 droht zu fallen. Geht es um Staatsschulden, wollen Deutschland, die Niederlande und Österreich zur großen Enttäuschung der Südeuropäer am Prinzip Haftung und Kontrolle festhalten. Kann damit die seit 13 Jahren andauernde Aushöhlung des Euros aufgehalten werden?

Im Moment dreht sich alles um Corona-Bonds (Euro-Bonds), Kommen sie, könnte der Euro-Franken-Kurs in den kommenden Monaten etwas anziehen. Gibt es keine Staatsanleihen mit gemeinsamer Haftung, dürfte es weiter bergab gehen.

Man sei skeptisch bei allem, was die Stabilität des Wirtschafts- und Währungsraums gefährdet, erklärt Angela Merkels Kanzleramtsminister gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Haftung und Kontrolle müssen zusammenfallen", sagt Helge Braun mit Blick auf die Staatsschulden. Für eine gemeinsame Finanzpolitik, die Euro-Bonds ermöglicht, müssten die EU-Verträge geändert werden. Das würde Jahre dauern.

Bei einer gemeinschaftlichen Haftung für die Staatsschulden wären der Süden erst einmal aus dem Schneider. Die Finanzmärkte würden Euro-Bonds als großen Coup feiern. Eines Tages wachen die Vermögensverwalter und Banken, die Euro-Bonds gerade so rigoros fordern, dann auf und müssten eingestehen: Der Schuss ginge nach hinten los.

Euro-Bonds ohne EU-Vertragsänderungen würden den Anreiz, Reformen in der Sozial- und Wirtschaftspolitik zu machen, komplett zerstören. Der Abstand zwischen dem vermeintlich reichen Norden und dem ärmeren Süden würde sich weiter vergrößern. In diesem Zusammenhang sei sich das Jahr 1992 in Erinnerung gerufen. Damals wertete Italiens Lira massiv ab. Die Zeitung Repubblica schrieb:

"Der DM-Panzer zerquetscht die Lira"

Die Regierung hatte gar keine andere Wahl, als Wirtschaftsreformen auf den Weg zu bringen. Und diese Reformen trugen maßgeblich dazu bei, dass sich das Land berappelte und die Euro-Beitrittsforderung, zumindest auf den Papier, erfüllte.

🔗Italien: Zerstörte Illusionen nach der Abwertung - Roms Untergang, (Zeit, 25.09.1992)

Auch wegen der EZB-Rettungspolitik verweigern Italien und Spanien seit Jahren dringend notwendige Reformen, um den Rückstand zum Norden der Eurozone zu verkleinern. Der frühere EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing sprach davon, dass sich Euroländer ihre Euro-Mitgliedschaft, also die niedrigen Zinsen und den automatischen Ausgleich von Handelsdefiziten, verdienen müssten. Dieses Prinzip warf Draghi über Bord.

Selbst Hilfsgelder aus dem europäischen Währungsfonds, dem ESM-Rettungsschirm, sollen auf keinen Fall an Auflagen gebunden sein. Darauf pochen Italiens Staatschef Conte und sein Kollege Sanchez.

Genau darauf dürfte Merkels Minister anspielen, wenn er sich um die Stabilität des Wirtschaftsraums sorgt. Der Euro kann und wird nur einigermaßen stark bleiben, wenn die Eurozone konvergiert. Zwischen 2002 und 2007 hatte man eine solche Situation. Infolge stieg der Eurokurs bis auf 1,68 Franken. Leider war das Ganze auf Sand gebaut.

Es stellte sich als große Illusion heraus, dass der Euro gegenüber dem Schweizer Franken bestehen kann. So wie die Dinge stehen, bleibt künftig der einzige Weg die Kluft mit Geld aus der EZB-Notenpresse zu stopfen. Das führt zu einer Aushöhlung des Euro. Für 1 Euro wird man weniger als 1 Franken bekommen. Unklar ist insofern nur, ob es schon dieses Jahr unter die Parität geht oder erst später.

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