Erlaubt die Schweizer Notenbank bereits 2021 die Parität?
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Erlaubt die Schweizer Notenbank bereits 2021 die Parität?

Der Euro sinkt mit 1,0605 Franken auf den tiefsten Stand seit August 2015. "Die Schweiz wird noch längere Zeit mit dem starken Franken leben müssen", sagt der Schweizer Wirtschaftsprofessor Thomas Straubhaar. Demzufolge müssen auch Franken-Kreditnehmer in Österreich mit einem starken Franken noch länger zurechtkommen.

"Der starke Franken ist ein unbestechliches Zeichen dafür, dass die Leute weltweit noch immer an die Zukunft des Landes glauben", erläutert Straubhaar im Gespräch mit cash.ch. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) könne den Wechselkurs kaum noch beeinflussen.

Theoretisch kann die SNB unbegrenzt Franken mit ihrer Notenpresse schöpfen und damit Euros kaufen. In der Praxis stößt sie aber an Grenzen. Weil die SNB in der Vergangenheit bereits so viele Euros kaufte, ist vielen unwohl. Es ist ein riesiges Klumpenrisiko für den Steuerzahler.

Darüber hinaus gibt es Ärger aus Washington. Die Trump-Regierung sieht die Schweiz als potenziellen Währungsmanipulator. Die Interventionen der SNB am Devisenmarkt führen indirekt dazu, dass der Franken gegenüber dem US-Dollar zu weich ist. Die Schweiz könne daher über Gebühr Waren in den US-Markt drücken, so der Vorwurf aus Washington.

Die SNB stehe vor einem Dilemma: Wenn sich nichts tue (also auf Interventionen am Devisenmarkt verzichtet), schädige sie möglicherweise die Schweizer Wirtschaft. Bei einem Eingreifen verärgere sie die USA, erörtert das Wall Street Journals.

Linienchart der fallenden Euro Schweizer Franken Kursentwicklung 2002-2020

Mit einer durchschnittliche Franken-Aufwertung von 2% pro Jahr kann die Schweizer Wirtschaft prima umgehen. "Das Wesen des Schweizer Erfolgs ist, dass auf einen starken Franken immer mit Qualität reagiert wurde", betont Straubhaar.

Doch was passiert, wenn es deutlich mehr wird? Seit Jahresbeginn hat der Schweizer Franken gegenüber dem Euro bereits um 2,3% aufgewertet.



Beispiel:

Einen Schweizer Mittelständler aus der Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) hat die Franken-Aufwertung der letzten Monaten verunsichert.

Legt der Franken in diesem Tempo weiter zu, wäre er Jahresende 10% stärker. Das wäre wiederum ein Riesenproblem für den Mittelständler.

Hat er sich verpflichtet eine Maschine zu einem festgeschriebenen Euro-Verkaufspreis an einen Kunden in Deutschland zu liefern, sind seine Euro-Umsatzerlöse deutlich weniger Franken wert als kalkuliert.




Noch ist der kritische Punkt für die Schweizer Unternehmen nicht erreicht. Die SNB weiß genau, wie viel Franken-Aufwertung die Wirtschaft verträgt. Das zeigt die Aufhebung des Euro-Mindestkurses. Die Unternehmen konnten den Frankenschock bewältigen, auch weil die SNB sie zuvor jahrelang mit einem Kurs von 1,20 verwöhnte.

Einen zweiten Frankenschock, sprich eine weitere Franken-Aufwertung auf einen Schlag um 15%, kann die Schweizer Wirtschaft allerdings nicht meistern. Man muss deswegen davon ausgehen, dass die SNB interveniert, sollte ein Eurokurs von 1,05 Franken zu rasch erreicht werden.

Würde 1,05 in der ersten Hälfte 2020 drohen zu brechen, dürfte die SNB das verhindern. Anders sähe es 2021 oder 2022 aus. Bis dahin haben die Schweizer Unternehmen gelernt mit einem solchen Wechselkurs umzugehen. Nun läge die Schmerzgrenze bei 1,03 oder womöglich bereits bei der Parität.

Ergebnis:
  • Man darf fest davon ausgehen, dass die SNB Szenarien für 1 Euro = 1 Franken in der Schublade hat. Sie weiß genau, ob sie den Exporteuren die Parität bereits 2021 zumuten kann.

  • Würde der Euro noch einmal auf 1,10 Franken steigen, hätten die Schweizer Währungshüter natürlich nichts dagegen einzuwenden.

  • Man sollte aber im Hinterkopf behalten: Euro-Anstiege gegenüber dem Schweizer Franken sind vergänglich. Auf Sicht von fünf Jahren und mehr wertet der Franken stets auf.

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