Schweiz: Tauziehen um Negativzinsen
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Schweiz: Tauziehen um Negativzinsen

In der Schweiz brodelt es: Die Banken, angeführt von der UBS, wollen die Negativzinsen losbekommen. Die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM-Industrie) hält das für keine gute Idee. Hintergrund: Würde die SNB den Satz (aktuell: -0,75%) hochsetzen, schmölze die Distanz zur Eurozone. Dort hat die EZB ihren Einlagenzins unlängst auf -0,50% gesenkt. Gewinnen die Banken das Tauziehen, wäre ein Euro bei 1,05 Franken oder noch tiefer unausweichlich. Danach sieht es aber nicht aus.

Ohne die Negativzinsen wäre der Franken sehr viel stärker, was den Unternehmen schaden würde, zitiert Reuters Jürg Werner, Chef des Schweizer Industriekonzerns Metall Zug. Mit Blick auf die Negativzinsen spricht er von einem "notwendigen Übel". Bei der UBS ist man es ganz offenbar leid, dass den Banken zehn Jahre nach der Finanzkrise immer noch recht große Skepsis und Ablehnung in der Öffentlichkeit entgegenschlägt.

"Die Negativzinsen funktionieren nicht als dauerhafte Lösung", ist sich UBS-Chef Sergio Ermotti sicher. Es verwundert daher nicht, dass die Devisenexperten seines Hauses die Sorgen der für die Schweizer Wirtschaft so wichtigen MEM-Industrie nur bedingt teilen. Erst bei einem Rückfall des Euros auf 1,05 Franken könnten sich die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Schweiz verschärfen, heißt es im 🔗aktuellen EUR/CHF-Heft der UBS.

MEM-Industrie gewinnt Tauziehen


Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wagt keine Experimente und hält an den Negativzinsen fest. Sie seien "absolut notwendig", erklärt Andrea Maechler, Direktoriumsmitglied der SNB. Man nutze sie als eines der Werkzeuge, um die Nachfrage für den Franken zu dämpfen. Obschon man bei der SNB seit der plötzlichen Aufhebung des Euro-Mindestkurses nie sicher sein kann, so ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass die Notenbank auf ihrer nächsten Sitzung im Dezember mit einer Zinserhöhung überrascht.

Interessanterweise haben sich die Schweizer Zinsen in den letzten Monaten selbständig etwas nach oben bewegt. Der CHF 3-Monats-Libor kletterte seit Anfang September von -0,87% auf -0,71%. Der CHF 1-Monats-Libor stieg von -0,93% auf -0,74%. Hintergrund: Die SNB hat auf ihrer letzten Sitzung im September trotz vorausgegangener Einlagenzinssenkung der EZB ihren Negativzins bei -0,75% belassen. Gleichzeitig erhöhte sie die Freibeträge, so dass Banken wie die UBS nicht mehr ganz so hart vom Negativzins-Regime erfasst werden.

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Mit Blick auf den EUR/CHF-Kurs lässt sich feststellen: Wäre die SNB vor zwei Monaten wie die EZB mit ihren Negativzins um 0,10% runtergegangen, wäre der Euro aktuell wohl schon bei 1,12 Franken. Möglicherweise hat sich die SNB diesen Schritt für 2020 aufgehoben. Im Herbst 2020, wenn der US-Präsidentschaftswahlkampf läuft, Sichere Häfen gefragt sein werden und das Wachstum in der Eurozone aller Voraussicht nach wieder deutlich unter 1% ist, könnte die SNB dann auf -0,85% oder -1% gehen.
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