Der Euro strampelt sich ab
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Der Euro strampelt sich ab

Der Euro bleibt trotz Risikoschub unter Druck. Er sinkt bis auf 1,1260 Franken (2-Monatstief). Die US-Notenbank kündigt eine Abflachung ihres Leitzinspfades an, was von der Wall Street mit kräftigen Kursgewinnen gefeiert wird. Ein wenig davon erreicht den Euro-Franken-Kurs, der nach Einlassungen von Fed-Chef Powell zum "neutralen Zinsniveau" auf 1,1315 zulegt. Er kann die Gewinne wegen eines über ihm schwebenden Damoklesschwertes nicht über die Ziellinie bringen.

Die aktuelle US-Leitzinsspanne von 2,00 bis 2,25 Prozent liege "knapp unter" dem geschätzten neutralen Niveau, mit dem die Wirtschaft weder gefördert noch gebremst werde, sagt Fed-Chef Powell. Es ist eine 180-Grad-Drehung. Im Oktober hatte er noch erklärt, die Fed sei von einem neutralen Zinsniveau weit entfernt, was für viele der Auslöser für den Ausverkauf bei Aktien war.

Am Devisenmarkt kommt der US-Dollar unter Verkaufsdruck. Der Franken legt gegen den US-Dollar stärker zu als der Euro, was dazu führt, dass der EUR/CHF-Kurs kaum über 1,13 hinauskommt. Ein Grund für die Underperformance des Euro sind Drohungen gegen die europäischen Automobilindustrie. Wegen der Causa General Motors (der größte US-Hersteller hat angekündigt 15.000 Stellen zu streichen) seien Sonderzölle auf ausländische Autos zu prüfen. Es würden mehr Autos in den USA gebaut, wenn es einen Einfuhrzoll von 25 Prozent gäbe, twittert Trump.

Schwer zu sagen, ob die Ukraine-Russland-Krise den Schweizer Franken stärkt. Die Ukraine hat wegen eines Vorfalls im Asowschen Meer das Kriegsrecht verhängt. "Die einzige Sprache, die er versteht, ist die Geschlossenheit der westlichen Welt", erklärt der ukrainische Präsident Poroschenko über Russlands Staatschef Putin. Er hoffe auf die Unterstützung der deutschen Kanzlerin Merkel, die die Ukraine durch ihre Verhandlungen in Minsk im Jahr 2015 schon einmal gerettet habe, sagt Poroschenko der "Bild"-Zeitung.

Damoklesschwert

Vom Devisenoptionsmarkt gibt es bisher keine Signale für eine Beschleunigung der Talfahrt des Euro-Franken-Kurses. Gut möglich, dass viele Marktteilnehmer die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 13. Dezember abwarten wollen. Es wird damit gerechnet, dass Draghi die Wachstumsprognose für die Eurozone senkt, Abwärtsrisiken für die konjunkturelle Entwicklung hervorhebt und verspricht, Zinsen und Rückzahlung auf erworbene Staatsanleihen für mindestes drei Jahre zu reinvestieren.

Insofern hat der Euro-Franken-Kurs noch zwei Wochen Galgenfrist. Entscheidend ist das im September 2018 erreichte 14-Monatstieg bei 1,1170. Sollte die Devisennotierung dieses Niveau unterschreiten, würde sich die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall auf 1,10 auf über 50% erhöhen. Nach oben ist 1,1450 entscheidend. Jedweder Anstieg, der nicht dazu führt, dass diese wichtige Marke geknackt wird, lässt sich als Abstrampeln des Euros einstufen.