Franken-Kreditnehmer: Die nächste Verschuldungswelle
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Franken-Kreditnehmer: Die nächste Verschuldungswelle

Häuselbauer oder Immobilienkäufer, die einen Schweizer-Franken-Kredit am laufen haben, schauen wohlwollend auf eine Euro-Prognose des Geldhauses ING. Die niederländische Großbank sieht den Euro-Franken-Kurs bis Ende 2018 auf 1,25 steigen. Hintergrund des positiven Ausblicks: Der Schweizer Franken wird wieder das, was er vor der Finanzkrise war. Eine Finanzierungswährung, in der sich Nicht-Schweizer verschulden.

Aktuell ist der der Euro bei 1,15 Franken. Ein Bankkunde, der sich im Jahr 2002 bei einem Euro-Wechselkurs 1,45 Franken 100.000 Euro bei seiner Bank borgte, steht unter Wasser. Seine Kreditschuld ist mit 126.087 Euro um 26% höher als bei Kreditaufnahme. Sollte der Euro auf 1,25 Franken zulegen, wären es 116.000 Euro. Den Wechselkursverlust von 16.000 Euro dürfte er inzwischen über die Zinsersparnis reingeholt haben.

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"Wir haben die Franken-Stärke teilweise unterschätzt", zitiert Bloomberg Viraj Patel, Währungsstratege bei ING, mit Blick auf den jüngsten Rückfall des Euros von 1,18 auf 1,15 Franken "Wir erwarten jedoch, dass er (der Schweizer Franken) 2018 wieder den Status einer Finanzierungswährung zurückerlangen wird."

Im Klartext heißt das: Ausländer verschulden sich in der Schweiz anstatt in ihren Heimatländern. Sie tun dies, um Zinsen zu sparen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterhält mit einem Einlagenzins von -0,75% das negativste Zins-Regime der Welt. Die Eurozone, wo der Satz bei -0,40% liegt, Schweden (-0,50%) oder Dänemark (-0,65%) können da nicht mithalten.

Anders als zwischen 2002 bis 2008 sind Privathaushalte nicht mit von der Partie. In Österreich gilt ein Fremdwährungskreditverbot. In Polen, Ungarn und auf dem Balkan ist man damit beschäftigt, die Schäden des letzten Fremdwährunsgkredit-Booms zu beheben. Für den Euro-Franken-Kurs spielt das aber keine eine große Rolle.

Entscheidend sind ausländische Großanleger: Für Banken, Vermögensverwalter, Versicherungen und Unternehmen bietet die Schweiz ein günstiges Niedrigszinsumfeld. Das Wechselkursrisiko lässt sich mit Abischerungsintrumenten verringern, wenngleich der Einsatz solcher Derivate den Zinsvorteil etwas schmälern.

Hinzu kommen Schweizer Großinvestoren, deren Appetit laut Julius Baer gestiegen ist, im Ausland Geld anzulegen. Die Zurückhaltung gegenüber der Eurozone baue sich Stück für Stück ab. Die Schweizer Bank rechnet zwar nicht mit einem Anstieg des Euros auf 1,25 Franken wie ING. Allerdings sieht man den EUR/CHF-Kurs Anfang 2019 bei 1,20. Damit wäre der Euro 4% stärker als aktuell.