Euro: Sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen noch?
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Euro: Sehen Sie den Wald vor lauter Bäumen noch?

Zwischen dem 3. Oktober und 26. Oktober 2017 kletterte der Euro von 1,1390 auf 1,1710 Franken (+2,81%). Der Steigflug endete mit einer EZB-Sitzung, die sich im Nachhinein als Pyrrhussieg für Mario Draghi herausstellen könnte. Mit dem jahrelangen Manipulieren von Zinsen schneidet sich die Eurozone ins eigene Fleisch.

Dass Anleger so wohlwollend auf die Verringerung der Anleihenkäufe ab 2018 reagieren würden, damit hatte auch Draghi nicht gerechnet. In der Pressekonferenz war er bestens gelaunt. Draghi sprach im positiven Sinne von einer gedämpften Reaktion der Finanzmärkte, die in steigenden Aktienkursen, sinkenden südeuropäischen Zinsen und einem sinkenden Euro-Dollar-Kurs zum Ausdruck kam.

Es passte alles: Ausgezeichnete Einkaufsmanager-Daten und ifo-Geschäftsklimazahlen hatten zuvor gezeigt, dass die Wirtschaft in der Eurozone aktuell mit einer aufs Jahr hochgerechneten Wachstumsrate von knapp 3% expandiert. Der Euro-Dollar-Kurs, ein Sorgenkind auf der EZB-Sitzung im September, ist deutlich gesunken, als die US-Notenbank (Fed) inzwischen begonnen hat, ihre hohe Bilanzsumme zu verkleinern.


Was für eine gewaltige Manipulation die EZB an den Anleihennmärkte angerichtet hat, sieht man daran, dass die USA inzwischen für Kredite höhere Zinsen bezahlen als Portugal. Der Zins auf 10-jährige Staatsanleihen aus Portugal, einem der schlechtesten Schuldner Europas, liegt bei 2,19%. Bei US-Treasuries beträgt er 2,41%. Das hätte wohl selbst Bernie Madoff nicht besser hinbekommen.

Vielleicht sollte Mario Draghi als Notenbanker in Puerto Rico anheuern, um die dortigen Ramschanleihen besser aussehen zu lassen als US-Treasuries. In der Ukraine hätte man sicherlich auch Bedarf an einem Draghi, der die Notenpresse anschmeißt und alles wird gut. Es wird aber nicht funktionieren, weil diese Länder nicht über hohe Sparguthaben verfügen.

In der Eurozone gibt es einen Spar-Schatz, der hauptsächlich von Deutschland gespeist wird. Damit geht Draghi an den Finanzmärkten hausieren. Die EZB verpfändet den Spar-Schatz an die City of London und der Wall Street. Die liefern im Gegenzug niedrige Zinsen für Portugal, Italien etc. Für so arme Schlucker wie Puerto Rico oder die Ukraine machen die Banker und Vermögensverwalter freilich keinen Finger krumm.