Deutschland und der Euro sind Dr. Draghis Petrischalen
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Deutschland und der Euro sind Dr. Draghis Petrischalen

Der Euro sank am Donnerstag mit 1,0840 Franken auf den tiefsten Stand seit fünf Wochen. Hintergrund waren aufgeflogene Geheimoperationen der Schweiz  und Fließband-Statements der Europäischen Zentralbank (EZB). Nun kann sich die Devisennotierung etwas erholen. Sie steigt auf knapp 1,09, nachdem Deutschland und Frankreich passable Konjunkturdaten vorlegen. Weil Anleger die Alpen wie einst die Anden als "Berge der Schulden" sehen, bleibt Vorsicht geboten.

Frankreichs Wirtschaft schaffte aller Voraussicht nach im 1. Quartal ein Wachstum von 0,4%, teilt die Banque de France mit. Das wären 0,1% mehr als ursprünglich prognostiziert. Die deutschen Exporte haben im Februar kräftiger zugelegt als erwartet. Für Ökonomen ist das ein Indiz, dass sich die Lage in China, einem der größten Abnehmer deutscher Güter, stabilisiert.

Die Schweizerische Nationalbank dürfte am Devisenmarkt eingegriffen haben, um einen Rückfall des EUR/CHF-Kurses unter 1,08 zu verhindern. Genaues weiß man nicht, weil SNB-Chef Thomas Jordan inflationäre Stellungnahme aus seinem Werkzeugkasten verbannt hat. Anders die Europäische Zentralbank (EZB): Die um Notenbankchef Mario Draghi versammelten Interventionisten (Neo-Keynesianer) preisen ihre Geldpolitik in der Öffentlichkeit als Kirchturmspitze des Fortschritts an.

In Wirklichkeit handelt es sich um alte Kamellen. Die EZB spielt den Geldverleiher letzter Instanz für Regierungen und Banken. Finanziert wird alles über die Notenpresse. In Frankfurt fühlt man sich unantastbar. So schreibt die EZB in einem aktuellen Research-Papier: "Zentralbanken sind vor einer Pleite beschützt, weil sie die Fähigkeit haben Geld herzustellen und demzufolge mit negativen Eigenkapital arbeiten können."

Folgendes Kalkül steckt dahinter: Macht die EZB beispielsweise Verluste mit portugiesischen Ramschanleihen oder weil sie massenhaft nahe dem Ramschniveau liegende italienische Staatsanleihen ankauft, kann sie die Verluste ausgleichen. Draghi muss dann einfach nur mehr Geldscheine drucken und unterschreiben.

Wie nervös muss eine Notenbank eigentlich sein, um das noch einmal ausdrücklich zu betonen? Denn was die EZB da beschreibt "Goes Without Saying", wie die Amerikaner sagen. Der Fed-Vorsitzende Ben Bernanke hat sich einmal zu einem ähnlichen Statement hinreißen lassen, allerdings war er da längst nicht mehr Fed-Chef.


Deutschland will nicht länger Dr. Draghis Petrischale sein. Die Europäische Zentralbank bewege sich "am Rande ihres Mandats zur Wahrung der Geldwertstabilität", heißt es in einem Beschluss der Haushalts- und Finanzpolitiker von CDU/CSU. "Die EZB ist auf dem Weg, den mit der Bankenregulierung erreichten Stand an Marktstabilität zu konterkarieren, der unter großen Belastungen für die deutschen Kreditinstitute erarbeitet wurde." Sie mache Geldpolitik für die Krisenländer und notleidende Banken, schreibt die Merkel-Partei.

Die EZB-Geldpolitik ist aus dem Zeitalter des Kassettenrekorders. In den 80er und 90er Jahren wurden Draghis in neuem Geschenkpapier eingepackte "Whatever-it-Takes-Instrumente" alle schon einmal ausprobiert. Dies zeigt ein Blick auf die Tequila-Krise in Mexiko*, die Asienkrise**, die Sparkassen-Krise in den USA und die vielen Schuldenkrisen Südamerikas.

Damals sagten Investoren in Chile mit Blick auf die Anden: "Das sind die Berge der Schulden." Das gleiche kann man über den italienischen Teil der Alpen sagen, seitdem Dr. Draghi die EZB leitet.

*1994 kaufte die mexikanische Notenbank auf Druck der Regierung Staatsanleihen. Sie reichte also Kredite an den Staat aus, wie es heute die EZB tut. Der Glaubwürdigkeitsverlust war enorm, die Mexiko-Krise wurde dadurch noch schlimmer.

**Die thailändische Zentralbank gab den Geschäftsbanken in den 90er-Jahren eine Garantie, nicht pleite gehen zu können (Geldverleiher letzter Instanz). Die Banken vergaben daraufhin immer riskantere Kredite, was zum Ausbruch der Asienkrise 1997 führte.