Schweiz fürchtet sich vor EZB-Revanche
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Schweiz fürchtet sich vor EZB-Revanche

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Bogen überspannt. Das sagt der frühere Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB), Jean-Pierre Roth. Vor fünfeinhalb Jahren versuchte Roth den Euro über 1,50 Franken zu halten, und scheiterte kläglich. Seine Kritik an der EZB kann man dahingehend deuten, dass die Schweiz auf der Suche nach einem Sündenbock ist. Sie wird mit dem Frankenkurs nicht mehr glücklich. Es ist aber auch etwas Wahres dran, wenn Roth sagt, dass im Euroraum der Grundsatz gilt: Billiggeld statt Reformen.

"Ich glaube, die EZB-Politik ist zu weit gegangen". Europa könne seine wirtschaftlichen Probleme nicht mit Hilfe einer Flut billigen Geldes lösen, warnt Roht in einem Interview mit Radio SRF. "Der Reform-Appetit ist nicht mehr da, man braucht nicht noch eine expansivere Geldpolitik in Europa. Man braucht Reformen." Ferner erklärt der Chef der SNB von 2001 bis 2009, dass sein Nachfolger mit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken alles richtig gemacht habe.


Roth ist der Ausgangspunkt bis heute andauernder Interventionen der Schweiz am Devisenmarkt. Unter ihm wurde die Schweiz zu einer Währungskriegerin. Weil die Alpenrepublik mit ihrem weltweit bewunderten Franken mit schlechten Beispiel voran ging, sind Wechselkursmanipulationen, bei denen es stets einen Gewinner und einen Verlierer gibt, heute an der Tagesordnung. Tschechien hat inzwischen einen Euro-Mindestkurs nach SNB-Vorbild eingeführt. Das ausgerechnet der frühere SNB-Chef die EZB des Zuweitgegangenseins bezichtigt, ist vor diesem Hintergrund schon ein wenig verwunderlich.

Möglicherweise soll die Schweizer Öffentlichkeit auf etwas Schlimmes vorbereitet werden. Insofern legt man sich schon einmal die EZB als Sündenbock zurecht. Die SNB hat inzwischen mehr als ein halbes Jahrzehnt Wechselkursmanipulationen auf dem Buckel. Dies führte dazu, dass sie ihre Bilanz auf 600 Milliarden Franken aufgebläht hat. "Das sind 75.000 Franken Risiko für jeden, ob er will oder nicht. Dagegen sieht sogar die Staatsschuld der Griechen mit 30.000 Euro pro Kopf relativ gut aus", stellt der frühere UBS-Chef Oswald Grübel im Gespräch mit der "Handelszeitung" fest.

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