Ist der Euro-Optimismus gerechtfertigt?
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Ist der Euro-Optimismus gerechtfertigt?

Nach einem Soft Patch Ende 2018/Anfang 2019 zeigen die Konjunkturverläufe in Asien, Europa und den USA wieder nach oben. Für den Euro sind die Abwärtsrisiken damit fürs Erste gebannt. Er peilt aktuell einen Anstieg auf 1,15 Franken an. Das darf aber nicht über eine große Schwäche hinwegtäuschen: Man hat den Alten den Euro überlassen.

Die EZB werde weniger Euros in den Umlauf bringen als in den Vorjahren. In China zeichne sich eine Besserung der Konjunktur ab. "Diese Faktoren werden wieder zu einer Abwertung des Schweizer Frankens führen", sagt Hans Redeker, Chef-Devisenstratege bei Morgan Stanley, zu cash.ch. Redeker traut dem Euro in den kommenden Wochen einen Anstieg auf 1,15 Franken zu.

Aktuell kostet der Euro 1,12 Franken. Seine Lage hat sich in den letzten Handelstagen verbessert. Er konnte sich über einer wichtigen Unterstützung bei 1,1170-1,1180 Franken halten. Nachdem sich der Euro im September 2018 und Anfang 2019 an gleicher Stelle befestigt hatte, ging es auf 1,1490 bzw. 1,1440 nach oben.

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Auf Sicht von ein bis fünf Jahren ist die Situation diffiziler. Der Euro muss mit Scherenwinden kämpfen. Da wäre zum einen die Inflation. Die Geldentwertung in der Eurozone schreitet zwar mit einer Geschwindigkeit von unter 2% voran und ist damit als niedrig einzustufen. In der Schweiz ist sie allerdings superniedrig und das spricht für den Franken.

Eine schwere Bürde für den Euro: Man hat ihn den Alten, also Merkel, Draghi und Juncker, überlassen. Deren Hauptinteresse war es in den letzten Jahren ihre Generation gut zu versorgen. Merkel erhöht dank Nullzinsen ständig die Renten. Draghi macht mit seiner Notenpressen-Politik Immobilien unerschwinglich: Die Immobilienpreise und Mieten galoppieren den Löhnen davon.

Juncker war mit Grexit und Brexit beschäftigt und hat wirtschaftspolitisch wie das Vorgängerduo Barroso/Almunia versagt, wie folgendes Beispiel zeigt: 85% des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP) in diesem Jahrzehnt kam von den USA und China, rechnet Schwellenland-Guru Jim O'Neill im Gespräch mit CNBC vor. Das heißt: Europa existiert quasi gar nicht. Hier regiert die große Behäbigkeit.

Die unter Draghi vorgenommene Abschwächung des Euros gegenüber dem US-Dollar und Chinas Währung führt dazu, dass selbstlernende Computertechnologie, die die Europäer aus diesen beiden Währungsräumen importieren müssen, immer teurer wird. Beim Thema künstliche Intelligenz werden die Europäer weiter zurückfallen und gänzlich ohne diesen Wachstumstreiber der Zukunft auskommen müssen.

Euro widerstandsfähig

Auf der Habenseite hat der Euro die deutsche Exportwirtschaft. Es geht dabei um die enormen Handelsbilanzüberschüsse. "Binnen drei Jahren wird Deutschland größter Nettogläubiger weltweit und Japan vom ersten Platz verdrängen. Das dürfte dem Euro mit der Zeit einen psychologischen Schub geben", heißt es in einem Bloomberg-Bericht.

Wenn Deutschland größter Gläubiger werde, habe das Symbolcharakter und werde den Euro widerstandsfähig machen, erläutert Daisuke Karakama, Chefvolkswirt bei Mizuho Financial Group. Er rechnet damit, dass ein Teil der Sicheren-Hafen-Qualitäten des Yen auf den Euro übertragen wird. Das würde dazu führen, dass der Euro bei Turbulenzen an den Finanzmärkten auf den Franken nicht mehr so viel Boden verlöre.

Schlussfolgerungen:
  • In den kommenden Wochen und Monaten ist mit einem stabilen bzw. einem auf etwa 1,15 steigenden Euro-Franken-Kurs zu rechnen. China und die USA geben der Weltwirtschaft neue Wachstumsimpulse. Anleger haben eine größere Risikoneigung, die Nachfrage nach dem Franken sinkt.

  • Auf Sicht von mehreren Jahren hängt der Euro-Franken-Kurs am Gängelband von Deutschland. Steigen die deutschen Exporte und Nettovermögen munter weiter, wird das die höhere Geldentwertung in der Eurozone ausgleichen und sollte den Euro-Franken-Kurs bei 1,10-1,15 stabilisieren.

  • Kann Deutschland die hohen Erwartungen nicht erfüllen, treten die hausgemachten Probleme der Eurozone stärker in der Vordergrund. Die EZB wird wieder mehr Euros in den Umlauf bringen.

  • Oder anders ausgedrückt: Aktuell ist die Geldpolitik der EZB mit der Venezuelas oder Zimbabwes zu etwa 20% vergleichbar. Druckt die EZB noch mehr ungedeckte Euros, steigt der Ähnlichkeitsgrad auf 30% oder 40%. Der Euro wird verwässert und schwächt sich zwangsläufig ab.

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