Deutschland boxt alleingelassene Franken-Kreditnehmer raus
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Deutschland boxt alleingelassene Franken-Kreditnehmer raus

Wolfgang Schäuble nimmt sich Mario Draghi zur Brust: Deutschland fordert die Europäische Zentralbank (EZB) auf, mit dem Billiggeld-Spuk aufzuhören. Damit verbessert sich die Lage von Franken-Kreditnehmern. Denn der von Schäuble geforderte koordinierte Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik wäre ein Meilenstein auf dem Weg zu einem Wiedererstarken des Euros gegenüber dem Schweizer Franken. Von bankenhörigen Politikern in Wien ist nichts zu erwarten.

"Man muss bei Drogenabhängigen behutsam vorgehen", sagte Schäuble auf einer Rede in Kronberg bei Frankfurt in Anspielung auf die von Billiggeld abhängigen Marktteilnehmer. Dazu gehören freilich auch Staaten, die sich dort verschulden. Wenige Stunde vor Schäubles Auftritt war bekannt geworden, dass Spanien trotz sehr niedrigen Zinsen im letzten Fiskaljahr auf ein horrendes Haushaltsdefizit von 5 Prozent kam. Die italienische Regierung senkte ihre Wachstumsprognose von 1,6 Prozent auf 1,2 Prozent. Das sind zwei klare Indizien dafür, dass die EZB-Politik alles noch schlimmer macht.

Staatsverschuldung in Italien, Spanien, Portugal und Frankreich in Prozent der Wirtschaftsleistung

Franken-Kreditnehmer hatten gedacht, sie müssten noch dreieinhalb Jahre Mario Draghis anormale Geldpolitik ertragen. Dann läuft die Amtszeit des Italieners ab. Bei der nächsten Besetzung des EZB-Chefposten wird Deutschland sicherlich ganz genau hinsehen. Noch einmal werden sie sich nicht hinters Licht führen lassen. Draghi versprach vor seiner Ernennung am Bundesbank-Modell festzuhalten, erklärte die Sozialstaats-Modelle auf Pump für gescheitert und ließ sich von der "Bild"-Zeitung mit einer preußische Pickelhaube ablichten. Einmal im EZB-Chefsessel Platz genommen, machte er genau das Gegenteil.

Nun kristallisiert sich heraus, dass die Südeuropäer im EZB-Rat früher einlenken müssen. Denn sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Deutschlands Kredite aus der Privatwirtschaft sind extrem wichtig für das wirtschaftliche Wohlbefinden Südeuropas. Wenn man die Deutschen aber so verärgert, wie es eine Clique elitärer Notenbank-Professoren getan hat, drehen sie den Geldhahn zu. Eine Rückkehr zu der "guten alten Zeit" in der Eurozone vor 2008 ist daher unmöglich.

"Ich habe gerade zu Jack Lew (US-Finanzminister) gesagt, ihr solltet die Federal Reserve ermutigen und wir sollten die Europäische Zentralbank und die Bank von England ermutigen, mit den Amerikanern im Geleitzug, aber doch langsam rauszugehen. Man muss bei Drogenabhängigen behutsam rausgehen."
Wolfgang Schäuble

Deutschland und Österreich arbeiten hervorragend zusammen: In der Flüchtlingsfrage war es die Regierung in Wien, die eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen herbeiführte. Berlin kritisierte das Vorgehen zwar offiziell. Gleichwohl ist man sehr erleichtert darüber, dass weniger Wirtschaftsflüchtlinge kommen.

Nun revanchiert sich Deutschland mit der Forderung nach einem härteren Euro. Franken-Kreditnehmer in Österreich können von ihren Politikern da nichts erwarten. Der Finanzminister ist Banken-Liebling und damit Antipode von 150.000 Fremdwährungskreditnehmer im eigenen Land. Österreichs Notenbankchef, EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny, macht mit Mario Draghi gemeinsame Sache, wenn es darum geht den Euro mit Billiggeld aufzuweichen, oder wie es Schäuble formulieren würde: Die Märkte mit Drogen zu versorgen.

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