Euro glaubt ans Tapering-Luftschloss
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Euro glaubt ans Tapering-Luftschloss

Der Euro freut sich auf eine Tapering-Message im Herbst, und so steigt der EUR/CHF-Wechselkurs auf 1,1087 (13-Monatshoch). Ob da noch mehr geht, wird man sehen müssen. Gemäß den deutschen Renditen ist der Aufwärtsspielraum ausgereizt. Ferner hat die Eurozone die hoch gesteckten Erwartungen der Anleger bisher nicht erfüllt. Ob eine Verringerung des Ankaufs von Staatsanleihen (Tapering) überhaupt kommt, ist völlig offen.

Die EZB werde noch für eine lange Zeit an den Finanzmärkten präsent bleiben, kündigt EZB-Chef Mario Draghi an. Dahinter steckt ein interventionistischer Ansatz, der seit der Finanzkrise für Notenbanker der heilige Gral ist: Was nicht passt, wird mit der Brechstange passend gemacht. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wehrt sich seit inzwischen acht Jahren gegen marktkonforme EUR/CHF-Kurse.

Mit dem fortwährenden Konjunkturaufschwung würden die Preise in der Eurozone anziehen und bald dann auch die Inflation. Mit diesem Ausblick entlässt Draghi die Journalisten in die Sommerpause. Ein Blick in die USA zeigt, dass es sich dabei um Wunschdenken handelt. Der US-Wirtschaft bleibt trotz langjährigem Konjunkturaufschwung und Vollbeschäftigung ein Inflationsanstieg auf 2% versagt.

Ab September wolle man anfangen zu diskutieren, ob die Wertpapierkäufe verringert werden, so Draghi. Der Prozess über ein Abschalten der Notenpresse dürfte sich wie Kaugummi ziehen. Die EZB ist sich ihrer Sache längst nicht sicher, sonst hätte sie nicht erneut betont, dass man bei einem eingetrübten Konjunktur- und Inflationsausblick die Ankäufe wieder erhöhen werde.



Der Zins auf 10-jährige Staatsanleihen aus Deutschland sinkt auf 0,50%. Vor einer Woche rentierten Bundesanleihen noch bei 0,60%. Der Zinsrückgang zusammen mit der sehr vagen EZB-Tapering-Message legt nahe, dass für den Euro-Wechselkurs jenseits von 1,10 Franken nicht viel drin ist.

Ob sich die Eurozone eine Normalisierung der Geldpolitik, so wie die USA, überhaupt leisten kann, bleibt ungewiss. Wahrscheinlicher ist, dass die EZB der Bank von Japan folgen wird. Dort hat Notenbankchef Haruhiko Kuroda gerade angekündigt, bis 2020 munter weiter Staatsanleihen zu kaufen. Ursache: Das Inflationsziel wird nicht erreicht.

Im Vergleich zu Japan mit seinen hohen privaten Ersparnissen, hohen Cash-Reserven der Unternehmen und stabilen Banken ist die Eurozone in weiten Teilen ein Sanierungsfall. Ein Blick auf den Aktienmarkt zeigt: Der Euro Stoxx 50, der Benchmark-Aktienindex für die Eurozone, hat im laufenden Jahr trotz Konjunkturaufschwung, Macron-Wahl und EZB-Stimulus, 6% zugelegt. Das US-Börsenbarometer S&P 500 stieg bis dato 10%.

Die Outpeformance der USA kommt, nachdem unzählige Fondsmanager zum Jahreswechsel prognostiziert hatten, dass Europa 2017 klar die Nase vorn haben werde. Aber ganz offensichtlich ist es so, dass die Trump-Mannschaft mit ihrem Deregulierungskurs Corporate America fit macht, während Corporate Europe veraltet und überreguliert ist, und ohne Draghis Billiggeld-Tropf noch weiter zurückfiele.