Spätestens 2020 fällt EUR/CHF unter 1,10 zurück
Home » » Spätestens 2020 fällt EUR/CHF unter 1,10 zurück

Spätestens 2020 fällt EUR/CHF unter 1,10 zurück

Wie sich der EUR/CHF-Kurs an der 200-Tage-Linie verhält und was zu beachten ist

Die Aufwärtsbewegung des Euro-Franken-Kurses kommt ins Stocken. Entweder legt der Euro gerade eine Verschnaufpause ein, um für die zweite Etappe seiner kleinen Bergtour Kraft zu tanken. "Die allgemeine Risk-On-Stimmung macht derzeit den Schweizer Franken weniger attraktiv für die Anleger", kommentiert die St.Galler Kantonalbank. Oder aber er bereitet sich auf den Rückzug vor und sinkt wie von der Zürcher Kantonalbank prognostiziert auf 1,08.

Aktuell nähert sich der Euro seiner 200-Tage-Linie. Er notiert bei 1,1040 Franken, die 200-Tage-Line ist bei 1,1150. Vor einem Monat war die Lücke deutlich größer: Für den Euro gab es 1,0830 Franken bei einer 200-Tage-Linie von 1,1190. Als EUR/CHF nach der Frankreich-Wahl im April 2017 die 200-Tage-Linie überwand, ging die Post ab. In den folgenden zwölf Monaten kletterte er auf ein Post-Mindestkurs-Rekordhoch bei 1,20. Wegen der trägen Eurozonen-Konjunktur ist schwer vorstellbar, dass ihm ihm etwas ähnliches noch einmal gelingt.

"Im Euroraum sprechen rückläufige Wachstumsprognosen, eine nur um 1,2% schwankende Kerninflation sowie das Drängen der Südländer auf eine lockere Geldpolitik für eine weitere Zinssenkung und eine Aufstockung der Nettoanleihenkäufe im Frühjahr 2020", sagt die Commerzbank. Laut dem Dax-Absteiger und der immer wieder als Übernahmekandidat gehandelten früheren deutschen Großbank ist das Aufwärtspotenzial des Euros begrenzt. Das Geldhaus prognostiziert für Ende 2019 einen EUR/CHF-Kurs von 1,10 und für 2020 von 1,12.

Es gab nur eine kurze Phase, in der sich organisches Wirtschaftswachstum und EZB-Sozialismus nicht gegenseitig ausgeschlossen haben. Das war die Zeit zwischen 2017 und 2018. Nun ist die Party vorbei. Die Kehrjahre für die Eurozone sind da. Der Währungsblock fällt immer weiter hinter USA und China zurück. Die EZB hat die Zinsen so sehr nach unten manipuliert, dass die Maastricht-Regel, wonach Euroländern ein Defizit von 3% erlaubt ist, de facto so wirkt, dass hochverschuldete Euroländer Defizite von 6% aufhäufen können.

Achtung, Fehlausbruch


"Auch wirkt sich die nun wieder expansivere Geldpolitik der EZB mit neuen Anleihenkäufen grundsätzlich negativ auf den Euro aus", zitiert cash.ch Elias Hafner, Devisenexperte bei der Zürcher Kantonalbank. Das spricht dafür, dass die Aufwärtsbewegung des EUR/CHF-Kurses demnächst zum Erliegen kommen wird. Der Euro könnte es zwar schaffen an seine 200-Tage-Line anzudocken oder sie sogar übersteigen. Der Beginn einer längeren Aufwärtsbewegung wäre das aber noch nicht, da die 200-Tage-Linie immer noch eine fallende Tendenz hätte.

Als der Euro im April 2017 die 200-Tage-Linie knackte sollte es noch drei Monate dauern, bis die Linie eine Steigung aufwies und damit den Anstiegskurs des EUR/CHF bestätigte. Dass es zu einer ähnlichen Entwicklung in den nächsten Monaten kommt, ist recht unwahrscheinlich. Die Politik hat in den letzten Jahren versäumt die Rahmenbedingungen für eine im nächsten Jahrzehnt prosperierende Eurozone zu schaffen.

Der wirtschaftliche Abstieg der selbstgefälligen Eurozone gegenüber anderen Wirtschaftsregionen ist damit vorgezeichnet. Und dieser Abstieg und ein starker Euro sind zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen. Das einzige mögliche Anstiegsszenario ergäbe sich für den Euro, sollten die Euroländer tief in die Neuverschuldung gehen und massive Konjunkturprogramme auf Pump auflegen. Mit solchen Ausgabenprogrammen lassen sich strukturelle Probleme temporär ausblenden. Sie würden die Galgenfrist des Euros um etwa ein halbes Jahr verlängern.