Kann die Eurozone dem Auflösungsprozess entrinnen?
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Kann die Eurozone dem Auflösungsprozess entrinnen?

Die nächsten Monate und Jahre werden für den Euroraum ein Ritt auf der Rasierklinge. EZB-Direktor Yves Mersch geht mit der Realwirtschaft Schlitten fahren. Sein Chef, Mario Draghi, will noch mehr Macht an sich reißen. Die Notenbank stemmt sich gegen die neu aufkeimende Furcht vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone, in dem sie die Ausgabe von noch mehr Billiggeld in Aussicht stellt. Langfristig geht der Schuss nach hinten los.

Die Europäische Zentralbank (EZB) könne ihre bestehenden Instrumente zur Lockerung der Geldpolitik auf eine optimale Effektivität hin kalibrieren, erläutert Mersch dem Magazin "International Bankers Forum". "Wir haben keineswegs unser ganzes Pulver verschossen. Wir können jederzeit nachlegen, sollte dies notwendig sein. Wir haben noch Munition und Feuer", so Mersch.

Es sei ein Armutszeugnis, wie der Luxemburger hier kommuniziere, sagen Kritiker. Wer von Munition und Feuer spreche, als ob sich die EZB im Krieg befände, habe Europa nicht verstanden. Was Mersch, den das Europäische Parlament bei der Wahl zum EZB-Direktor durchfallen ließ, mit einer Kalibrierung auf optimale Effektivität meine, sei nicht minder bedenklich. Demnach ist das, was die EZB bisher gemacht hat, bestenfalls suboptimal.

Deutschland und Europa profitierten derzeit von einem "Scheinaufschwung", der auf dem niedrigen Ölpreis, dem schwachen Eurokurs und dem niedrigen Zinsniveau basiere. "Im Moment ist es so, dass unsere Produkte in den ausländischen Märkten preiswerter geworden sind und damit wettbewerbsfähiger, ohne dass wir dafür etwas getan haben", sagt der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Rainer Dulger, zur Deutschen Presse-Agentur (dpa).


Gemäß einer aktuellen Umfragen des Sentix-Forschungsinstitutes unter Anlegern hat sich das Risiko eines erneuten Ausbruchs der Eurokrise in den letzten Monaten stetig erhöht. In Finnland zeichnet sich für 2016 eine Volksabstimmung über den Verbleib im Euro ab. Bei einem Nein der Finnen (Fixit) wäre der Euroraum vermutlich sehr viel stärker beschädigt als bei einem Austritt Griechenlands (Grexit).

Langfristig läuft die EZB wegen des Ankaufs von Staatsanleihen Gefahr, sich selbst abzuschaffen. Denn die Papiere werden von den nationalen Notenbanken gekauft. So kauft die Deutsche Bundesbank nur deutsche Staatsanleihen und die Banca d'Italia nur italienische Anleihen. Dadurch entflechtet sich die Abhängigkeit der Euroländer untereinander im Finanzsystem.

Vor der Eurokrise war die Verflechtung extrem hoch, was eine Rückabwicklung des Euroraums praktisch unmöglich machte. Die Billiggeld-Aktionen der EZB haben die Selbstauflösungtendenzen verstärkt. Die erste Entflechtung fand mit dem Ausreichen von Langfristkrediten an Banken vor vier Jahren statt. Die südeuropäischen Banken steckten das EZB-Billiggeld in heimische Staatsanleihen, während nordeuropäische Bank ihre Bestände an fremden Staatsanleihen abbauten.

Mit dem direkten Ankauf von Staatsanleihen wurde die zweite Entflechtungsphase eingeläutet. Die Europäische Zentralbank scheint sich bewusst zu sein, dass sie dabei ist, sich überflüssig zu machen. So fordert EZB-Präsident Mario Draghi neben einer gemeinsame Einlagensicherung eine stärkere Integration der Finanzmärkte (Finanzmarktunion), um die Nebenwirkungen seiner ultralockeren Geldpolitik abzumildern, und um für seine EZB neue Überwachungsaufgaben zugewiesen zu bekommen.
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