Wachstums-Story wird Euro über 1,10 Franken tragen
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Wachstums-Story wird Euro über 1,10 Franken tragen

Der Euro steht wenige Tage vor der alles entscheidenden Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) wie ein Fels in der Brandung - zumindest gegenüber dem Schweizer Franken. Die EUR/CHF-Devisennotierung klettert mit 1,0920 auf den höchsten Stand seit zwei Wochen. Das 2-Säulen-Modell der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sei eben nicht nur Schall und Rauch. Es funktioniere, sagen die einen. Niemanden interessiere die theoretischen Modelle der SNB. Der aktuelle Anstieg sei auf die Wachstums-Story im Euroraum zurückzuführen, meinen die anderen.

Die "Power von Negativzinsen" kombiniert mit vereinzelten Nadelstich-Interventionen: Auf diesen zwei Säulen basiert die Geldpolitik der Schweiz. Ziel sei es, einen zu starken Franken (also einen Rückgang des EUR/CHF-Wechselkurses) zu verhindern, erklärte SNB-Chef Thomas Jordan in dieser Woche in einem Zeitungs-Interview. Der Einführung eines neuen Euro-Mindestkurses bei 1,10 oder 1,15 Franken, wie ihn einige Kritiker gefordert hatten, erteilte der oberste Währungshüter der Schweiz eine Absage.

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"Der Franken bleibt insgesamt deutlich überbewertet. Das ist eine wichtige Feststellung. Zentral ist, dass der Euro durch die Veränderung der Geldpolitik in Europa stark an Wert verloren hat - nicht nur gegenüber dem Franken, sondern auch gegenüber anderen wichtigen Währungen wie dem Dollar oder dem Pfund", so Jordan. Während der Euro zum Franken zuletzt ein wenig steigen konnte, ging es gegenüber dem Dollar weiter nach unten. 1 Euro ist gerade mal noch 1,0570 Dollar wert - nach 1,1495 Dollar Mitte Oktober 2015.

Durch die Schwächephase des Euros zum Dollar und anderen Währungen mit großen Absatzmärkten hellt sich die Konjunktur im Euroraum auf. Die Industrie bekommt mehr Aufträge, Banken vergeben mehr Kredite, die Arbeitslosigkeit sinkt, Konsumenten geben mehr Geld aus. Die Stärkung der Wirtschaft hilft dem Euro zum Schweizer Franken auf die Sprünge. Dabei spielt es eine große Rolle, dass die SNB - anders als die US-Notenbank (Fed) - keinerlei Absichten hat die Zinsen zu erhöhen.


Bei dem jüngsten Anstieg des EUR/CHF-Wechselkurses dürfte es sich um ein vorübergehendes Phänomen handeln. In der kommenden Woche stehen die Chancen gut, dass die Geldpolitik die Wachstums-Story ausbootet, so dass der Euro auch zum Franken wieder fällt. Die EZB hat unmissverständlich klar gemacht, dass sie gedenkt, den Geldhahn weiter aufzudrehen. Wie im Frühjahr, als die EZB mit dem Ankauf von Staatsanleihen begann, dürfte es einige Wochen dauern, bis der Euro-Franken-Kurs die Maßnahmen verdaut hat. Danach käme die Wachstums-Story erneut zum tragen, was dem Euro einen Anstieg über 1,10 Franken ermöglichen sollte.

Als die EZB im März 2015 ihr Ankaufprogramm startete, dauerte es etwa einen Monat, bis der Euro-Franken-Kurs auf einen Anstiegspfad zurückfand. Diesmal könnte es schneller gehen. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone steht derzeit nicht zur Debatte. Darüber hinaus muss Mario Draghi mit Gegenstimmen rechnen. Die Notenbanker der Euro-Nordstaaten werden auf die guten Konjunkturdaten und den jüngsten Anstieg der Inflation verweisen. Ein nicht einstimmiger Entscheid im EZB-Rat für mehr Lockerungen schwächt die Wirkung der Maßnahmen ab, so dass der Euro weitaus weniger unter die Räder käme, als von vielen befürchtet.
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