Ist das Ende der Euro-Untergrenze bei 1,20 CHF überhastet?
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Ist das Ende der Euro-Untergrenze bei 1,20 CHF überhastet?

Die legendäre Lüge von DDR-Diktator Walter Ulbricht (Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten) wird von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) getoppt. Vor drei Tagen betonte SNB-Vizepräsident Jean-Pierre Danthine im Radio Télévision Suisse seelenruhig: Der Mindestkurs bleibe der "Eckpfeiler" der Geldpolitik. Den Mindestkurs gibt es inzwischen nicht mehr. Viele fühlen sich von der Schweiz über den Tisch gezogen.

"Die Entscheidung ist eine extrem schlechte Nachricht für Fremdwährungskreditnehmer in Zentraleuropa, Polen und Ungarn. Sie macht die Rückzahlung von Schweizer-Franken-Krediten teurer, verringert das zur Verfügung stehende Einkommen und bremst den Konsum ", zitiert das Magazin Focus den Volkswirten Michal Dybula von dem französischen Geldhaus BNP Paribas.

Experten, die in den letzten Jahren die von der Schweizerischen Nationalbank ins Leben gerufene Legende von überbewerteten Franken nachplapperten, stehen jetzt äußerst dumm da. Oft hieß es: Eine Zentralbank sitze immer am längeren Hebel. Sie könne ja so viel Geld drucken, wie sie wolle, um den Euro-Mindestkurs zu halten. Positioniere dich niemals gegen eine Zentralbank.

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Derweil sind die Devisenmärkte dabei, der Nationalbank eine blutige Nase zu schlagen. Weil die während der Mindestkurszeit angehäuften Euro-Devisenreserven plötzlich sehr viel weniger wert sind, droht der SNB in diesem Jahr ein Verlust von 30-80 Milliarden Franken. Es könnte sogar dreistellig werden, weil die SNB nach wie vor Euros kaufen muss.

Im Nachhinein könnte sich die Mindestkurs-Aufgabe als verfrüht erweisen. Die SNB hätte wahrscheinlich noch die Käufe von Staatsanleihen der Europäischen Zentralbank (EZB) durchhalten müssen und das dadurch entfachte Wachstumsstrohfeuer, das aller Voraussicht nach nach Ostern anfängt, für ein Ende des Mindestkurses nutzen sollen.

So dürfte die SNB in den kommenden Wochen noch sehr viel öfter intervenieren, um den Euro zumindest über 1,00 Franken zu halten, was wiederum erforderlich ist, um die Schweizer Exportwirtschaft zu unterstützen und Massenentlassungen vorzubeugen. Womöglich müssen die Währungshüter sogar mehr Geld in die Hand nehmen, als wenn sie noch einige Monate mit dem Mindestkurs-Aus zugewartet hätten.