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Schweizer Industrie rutscht in Krise: Wie reagiert EUR/CHF?

Die Eurozone-Industrie ist deutliche stärker als die Schweizerische

Während die Schweizer Industrie in die Krise rutscht, findet in der Eurozone eine Verbesserung statt: Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe verbessert sich auf ein 32-Monatshoch. Parallel dazu stieg der Euro-Franken-Kurs in den letzten drei Wochen von 0,92 auf 0,94.

Im April sank der procure.ch Purchasing Managers’ Index (PMI) deutlich von 48,9 auf 45,8. Ein unerwarteter scharfer Rückgang. Ökonomen, die im Mittel mit einem Wert von 48,4 Zählern erwarteten, haben die Schweizer Industrie überschätzt.

In den Unternehmen kommt es zu Rückgängen der Produktion, der Auftragseingänge und der Beschäftigung. Die Schweizer Industrie steckt damit in der Krise, da ihr PMI jetzt merklich unter der 50‑Punkte‑Schwelle liegt, die Expansion von Kontraktion trennt.

Der PMI für die Eurozone legt hingegen einen halben Punkt auf 49 Punkte zu. Hier steigerten die Unternehmen ihre Produktion den zweiten Monat in Folge und so stark wie seit über drei Jahren nicht mehr, meldet S&P Global.

Die Divergenz zwischen der Eurozone und der Schweiz signalisiert wachsenden Aufwärtsdruck auf den Euro-Franken-Kurs. Allerdings kann der Euro die Schwäche der Schweizer Industrie bislang nicht nutzen. Der EUR/CHF-Kurs notiert aktuell bei 0,9360.

EUR/CHF-Anstieg geht in die nächste Runde

Das Tauziehen geht mit Vorteilen für den Euro weiter. Der Schweizer Franken scheitert daran, die Always-in-Richtung des EUR/CHF-Kurs zu drehen.

Hintergrund: Der viertägige Anstieg (Kerzen 1-4) vom 21. April bis 24. April hat die Always-in Richtung des EUR/CHF-Kurses von bärisch auf bullisch gedreht.

Der Schweizer Franken versuchte dann ab 28. April mit einer überdurchschnittlich großen, bärischen Trendkerze die Richtung wieder auf bärisch zu drehen.

Allerdings gab es kein Follow-Through. Der Euro gewann mit einer leicht bullischen Doji-Kerze den 29. April (Kerze 6). Damit bleibt Always-in auf bullisch.

Durchschreitet der Eurokurs 0,9408 CHF, das Hoch von Kerze 6, wird ein Kaufsignal mit Kursziel 0,9450 ausgelöst.

Kerzenchart Entwicklung Euro CHF Kurs 2025




Bricht der Anstieg des Euro zusammen?

29.04.25 04:31

Die Euro-Leerverkäufer setzen sich durch, und so fällt der EUR/CHF-Kurs auf 0,9362. Zuvor blieb ein Anstieg bei 0,9440 hängen und verfehlte damit die bullische Trittschwelle bei 0,9350 (siehe unten).

Die Tagesverluste des Euro gegenüber dem Franken am 28. April (Kerze 2) waren die größten seit den frenetischen US-Zollambitionen, die die Finanzmärkte in Aufruhr versetzt hatten.

Am 10. April sank der EUR/CHF-Kurs auf 0,9225, am 11. April auf 0,9220. Die von diesem Absturz hinterlassene schwarze Kerze war etwa doppelt so groß wie die vom 28. April.

EUR/CHF Kerzenchart zeigt bärisches 3-Kerzen Reversal

Nichtsdestoweniger ist die schwarze Kerze vom 28. April ein Statement. Sie hat das schwache 1-Kerzen-Reversal (Kerze 1) in ein stärkeres 3-Kerzen-Reversal verwandelt (Morphing).

Der Schlusskurs vom 28. April lag unter den drei vorherigen Schlusskursen, was das neue 3-Kerzen-Setup gefährlich für die Euro-Bullen macht.

Tagesausblick 29. April 2025

Die Euro-Bullen werden versuchen, eine weiße Inside-Kerze ins Chartbild zu zeichnen. Das gelingt ihnen, wenn Kurs nicht unter das gestrige Tagestief bei 0,9362 fällt.

Euro-Leerverkäufer bzw. bullische CHF-Marktteilnehmer wollen aus der aktuellen, weißen Kerze 3 eine zweite, schwarze Trendkerze machen. Dazu muss der Kurs auf 0,9330 oder tiefer schießen. Das wäre zugleich eine Änderung der Always-in-Richtung beim EUR/CHF von bullisch auf bärisch.




Fehlsignal im EUR/CHF – Darum bricht der Kurs über 0,9450 aus

28.04.25 09:42

Eine bärische Umkehrkerze signalisiert, dass die Verkäufer übernehmen. Sie ist der erste Hinweis, dass der kurzfristige Aufwärtstrend des EUR/CHF-Kurses ins Stocken gerät. Um die Aussagekraft einer solchen Kerze zu prüfen, gilt es mehrere Kriterien zu erfüllen. Je mehr Kriterien erfüllt sind, desto stärker das Signal.

Der 25. April (Kerze 1) beginnt mit einem Eröffnungskurs von 0,9415, also knapp unterhalb des Vortagesschlusses von 0,9422. Die Kerze schließt bei 0,9400 unter ihrem Eröffnungskurs. Für eine bärische Umkehr ist das die Mindestanforderung – der Schluss unter dem Open signalisiert, dass die Verkäufer hier die Kontrolle gewinnen.

Kerzenchart EUR/CHF-Kurs mit schwachem bärischem Reversal Bar

Die Form von Kerze 1 zeigt: Oben hat sie einen Docht, unten hingegen einen kaum messbaren Docht. Hintergrund: Der EUR/CHF-Kurs stieg im Verlauf des Handelstages bis auf 0,9450, doch die Bären drückten ihn zurück und ließen ihn fast auf dem Tagestief schließen. Ein langer oberer Docht zeigt immer an, dass Käufer-Versuche abgeblockt wurden.

Als Nächstes wird die Überlappung mit der Vortageskerze geprüft. Ideal wäre, wenn die Umkehrkerze deutlich oberhalb der vorherigen Kerze steht. Hier überlappt sie den Bereich des Vortags um rund die Hälfte – das ist nicht perfekt, aber noch akzeptabel.

Man sieht: Die Umkehr geschieht nicht in völliger Isolation. Wichtig bei einer Umkehr ist die Bestätigung am nächsten Tag. Am Montag, 28. April (heute), entsteht bisher keine bärische Kerze. Es fehlt ein deutlicher schwarzer Abwärtskörper, der ein Euro- Verkaufsignal untermauern würde.

Schließlich wird geprüft, wie viele frühere Schlusskurse die Umkehr durchbricht. Der Schluss von 0,9400 liegt nur unter dem Schluss des 24. April (0,9420). Er durchbricht nicht die Tiefs oder Close-Level von zwei oder mehr Vortagen.

Insgesamt:

  • Positiv: Schluss unter Open, langer oberer Docht.
  • Negativ: moderate Überlappung, keine starke Folgekerze, kein Unterschreiten mehrerer Schlusskurse von vor dem 25. April.

Die Umkehrkerze (Kerze 1) ist schwach und anfällig für ein Fehlsignal. Ein Anstieg des EUR/CHF-Kurses über 0,9450 ist der wahrscheinlichste Ausgang.

Weil viele Euro-Leerverkäufer Stop-Loss knapp über dem Hoch vom 25. April (0,9450) platziert haben, wird ein Überschreiten dieses Niveaus ihre Stop-Loss-Aufträge auslösen.

Beim Auslösen müssen sie Euro zurückkaufen. Ein nachhaltiger Durchbruch über 0,9450 könnte daher eine schnelle Kaufwelle auslösen, die zu einem Anstieg bis zum nächsten horizontalen Widerstand bei 0,9490 führt.

Zum Thema:
CHF muss aufpassen: Versteckter Euro-Kaufdruck

Nutzen für Schweizer Haushalte und Risiken für Exporteure

Der größte Teil der Schweizer Exportwirtschaft hat 2025 keine spürbare Wechselkursverschlechterung erlebt. Die Hauptprobleme für die Industrie liegen in der schwachen Nachfrage und in der politischen Unsicherheit – und nicht in einer dramatischen Frankenaufwertung. Schweizer Haushalte haben handfeste Vorteile, wie tiefere Traibstoffkosten.

Die Schweizer Industrie leide unter schwacher Auslandsnachfrage und politischer Unsicherheit. Jean-Philippe Kohl von Swissmem sprach jüngst sogar von einem "giftigen Cocktail" für die Branche, in dem der starke Franken eine entscheidende Zutat sei. Doch diese Einschätzung ist nur bedingt stichhaltig.

Gegenüber dem Euro hat der Schweizer Franken in den ersten vier Monaten des Jahres keine Bewegung gemacht. EUR/CHF handelt mit 0,94 auf dem gleichen Niveau wie zum Jahresanfang. Das unterstreicht, dass die Frankenstärke gegenüber dem wichtigsten Absatzmarkt Europas kein zusätzliches Risiko für die Schweizer Industrie darstellt.

Linienchart EURCHF Entwicklung Kurs 2025

Etwa 60 % der Schweizer Exporte gehen in den Euroraum. Von einer spürbaren Verschlechterung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den wichtigsten Handelspartnern kann also keine Rede sein. Der vielzitierte starke Franken wirkt sich auf das Massengeschäft mit Europa nicht aus.

Anders sieht es gegenüber dem US-Dollar aus. Seit Jahresbeginn hat der Franken gegenüber dem Dollar fast 9 % an Wert gewonnen. Schweizer Exporte in die USA werden dadurch teurer und damit potenziell weniger wettbewerbsfähig.

Roche erklärte, dass das Unternehmen für 2025 ein 5 Prozentpunkte geringeres Umsatzwachstum erwartet, sollte das Wechselkursniveau vom 23. April bestehen bleiben. An diesem Tag notierte der Euro-Franken-Kurs mit steigender Tendenz bei 0,9350 und der Dollar-Franken-Kurs, ebenfalls mit steigender Tendenz, bei 0,83.

Auch Nestlé warnte vor zunehmendem Gegenwind. Finanzchefin Anna Manz sagte gegenüber Analysten, dass die jüngste Frankenstärkung den künftigen Umsatz stärker belasten wird.

Natürlich bleibt die USA ein bedeutender Handelspartner für die Schweiz. Rund 15 % der Schweizer Exporte gehen in die Vereinigten Staaten. Hier hat die Frankenaufwertung gegenüber dem Dollar durchaus Wirkung entfaltet.

Doch ein wesentlicher Teil dieser US-Exporte stammt aus der Pharmaindustrie – einer Branche, die gut kapitalisiert ist und sich gegen Währungsschwankungen effektiv absichern kann. Die Unternehmen verfügen über Finanzinstrumente und Strukturen, die kleine und mittelständische Betriebe nicht in gleichem Maße nutzen können.


Ein wesentlicher Grund, warum die Schweizerische Nationalbank (SNB) im Herbst 2011 den Euro-Mindestkurs bei 1,20 CHF eingeführt hatte, war folgender: Schweizer Großkonzerne standen nach mehreren Jahren rigorosem EUR/CHF-Sinkflug blank.

Sie wollten die Frankenstärke nicht wahrhaben und hatten ihre Wechselkursabsicherungen aufgebraucht. Bei einem Einpendeln des EUR/CHF-Kurses bei 1,00 hätten sie hohe Verluste gemacht und wären Gefahr gelaufen von ausländischen Unternehmen übernommen zu werden.


Im Schweizer Fernsehen (SRF) äußerte sich Jean-Philippe Kohl: "Wir erwarten einen massiven Rückgang unserer Verkäufe in die USA." Konkurrenten aus der EU müssten bei US-Importen nur 20 % Zoll zahlen, während Schweizer Firmen deutlich höheren Belastungen ausgesetzt wären. Das könne dazu führen, dass US-Kunden lieber europäische Produkte bestellen.

Diese Aussagen sind nachvollziehbar für einzelne Industriezweige, insbesondere Maschinen- und Anlagenbauer. Trotzdem bleibt die Gesamtsicht wichtig: Der US-Markt macht nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Schweizer Exportwirtschaft aus.

Den Franken trifft keine Schuld

Im Deutschen heißt es treffend: „So schnell schießen die Preußen nicht.“ Warnungen von Wirtschaftsverbänden und Schweizer Großkonzerne klingen dramatisch – doch bei genauerem Hinsehen sind überzeichnet.

Die Währungseffekte betreffen vor allem den US-Dollar, nicht aber den Euro. EUR/CHF ist seit Jahresbeginn unverändert, obwohl der Franken gegenüber dem Dollar um fast 9 % aufgewertet hat.

60 % der Exporte laufen über den Euroraum, nur 15 % über die USA. Und gerade bei den US-Exporten dominieren gut kapitalisierte Pharma- und Nahrungsmittelkonzerne, die Währungsrisiken per Hedging absichern können.

Kleinere und mittlere Betriebe haben weniger Instrumente, um sich gegen Frankenstärke zu schützen. Ihre Herausforderungen liegen aber vor allem in der global schleppenden Nachfrage und politischen Unsicherheiten – nicht primär am Devisenmarkt.

Die kräftige Aufwertung des Franken gegenüber dem Dollar bringt überdies nicht nur Herausforderungen für Exporteure, sondern auch handfeste Vorteile für Schweizer Haushalte:

Importierte Konsumgüter und Energieträger, die in US-Dollar gehandelt werden, wie Öl und Erdgas, werden günstiger. Das drückt die Heiz- und Treibstoffkosten und entlastet die privaten Budgets.