Paradigmenwechsel beim EUR/CHF-Kurs: Pro und Contra
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Paradigmenwechsel beim EUR/CHF-Kurs: Pro und Contra

Holt der Euro gerade aus, um den Schweizer Franken so richtig abzuwatschen? Oder ist die Rückwärtsbewegung auf 1,19 der Anfang einer längeren Talfahrt? Einige Devisenhändler sprechen von einem Zuckerhoch: Gemeint ist der Anstieg des Euro auf 1,2005 Franken - den höchsten Stand seit drei Jahren und drei Monaten. Gemäß den Fakten sollte der EUR/CHF-Kurs bei 1,15 sein. Stimmung und Momentum zufolge wären hingegen 1,25 angemessen.

In den neuen Einkaufsmanager-Daten ist für beide Fraktionen etwas dabei. Die Optimisten verweisen auf Passagen, wonach die Daten immer noch kräftiges Wachstum für die Eurozone signalisieren. Die Pessimisten gewichten eingetrübte Geschäftsaussichten stärker und streichen die Einschätzung von IHS-Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson heraus, wonach sich die konjunkturelle Abkühlung fortsetzen sollte.

Die Reaktion des Devisenmarktes zeigt, dass sich die Pessimisten fürs Erste durchsetzen. Der Euro sinkt mit 1,1925 Franken auf den tiefsten Stand seit einer Woche. Wenn sich die Konjunktur abkühlt, dämpft das die Inflation und Draghi hat freie Hand an seiner Nach-mir-die-Sinnflut-Geldpolitik festzuhalten. So hält der Chefvolkswirt der ING-Diba es für möglich, dass die EZB auch 2019 weiter Staatsanleihen kaufen wird.

Dazu passt ein neuer Ausblick der St.Galler Kantonalbank: "Wenn die EZB ab dem Herbst als zusätzlicher Nachfrager wegfällt, müssen andere Investoren für die steigenden Schulden der Euroländer gesucht werden." Das Schuldenproblem in der Eurozone habe sich nicht entschärft, so die Kantonalbank, die dem Lager der EUR/CHF-Pessimisten angehört, da sie in den nächsten zwölf Monaten einen Absturz des Euros auf 1,12 Franken für möglich hält.


Die Optimisten vertrauen darauf, dass die EZB die Anleihenkäufe Ende 2018 beendet. Eine erste Leitzinserhöhung käme dann Mitte 2019, so wie der Chef der Deutschen Bundesbank, EZB-Ratsmitglied Jens Weidmann, unlängst skizzierte. Sollte sich die Konjunktur jedoch weiter abkühlen, wird Draghi nicht lange fackeln. Er und sein Chefvolkswirt Praet dürften dann die Prognosen für Wachstum und Inflation zusammenstreichen und den Ausblick für eine Zinsanhebung auf Ende 2019 nach hinten schieben.

Damit würden die beiden geldpolitischen Tauben den EUR/CHF-Optimisten ihre rosarote Brille vom Gesicht reißen. Die Einschätzung, dass in der Eurozone im Großen und Ganzen alles wieder prima ist, ließe sich nicht halten. Der Anstieg des Euros auf 1,20 Franken würde sich angesichts der nicht enden wollenden ultralockeren Geldpolitik als Zuckerhoch herausstellen. Es genügen ein paar Tropfen Wasser, um es zu zerstören.