Analyse: Wachstumsmodell beißt Wirklichkeit
Home » » Analyse: Wachstumsmodell beißt Wirklichkeit

Analyse: Wachstumsmodell beißt Wirklichkeit

Der Euro klettert mit 1,0746 Franken auf den höchsten Stand im laufenden Jahr. Frankreichs Industrie zündet den Turbo. Auch in Deutschland läuft es weiterhin rund. Der einflussreiche Brachenverband BDI rechnet mit 500.000 neuen Jobs und einem Exportwachstum von 2-3%. Einem stärkeren Anstieg des EUR/CHF-Kurses steht aus fundamentaler Sicht das schwache Italien und die starke Schweizer Metallindustrie entgegen.

Frankreichs Industrieproduktion erhöhte sich im November überraschend kräftig um 2,2%. Volkswirte hatten lediglich mit einem Plus von 0,5% gerechnet. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft werde sich zwar nach Einschätzung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) von 1,9% in 2016 auf 1,5% in 2017 verlangsamen. Bei der Beschäftigung, den Exporten und den Ausrüstungsinvestitionen werde es aber Zuwächse geben, sagt der BDI.

Würde sich dem deutsch-/französischen Wachstumsduo Italien anschießen, wäre der Euro womöglich schon bei 1,10 Franken. Doch es kommt nichts aus dem Land, das am meisten von der Rettungsschirmpolitik der Europäischen Zentralbank profitiert. Die Arbeitslosenrate kletterte laut den letzten Statistiken um 0,2% auf 11,9%. Die Jugendarbeitslosigkeit legte sogar um 1,8% auf 39,4% zu.

Italien ist Europas kranker Mann. Die Politik scheut vernünftige Rahmenbedingungen zu schaffen, um mehr Leute in Lohn und Brot zu bringen. Nun vertraut Rom offenbar darauf, sich irgendwie an die Konjunkturdynamik in Deutschland und Frankreich dranzuhängen, so dass man keine Veränderungen vornehmen muss und weiterhin Politik für die Generation 50-Plus betreiben kann.

Ein weiterer Stolperstein für den EUR/CHF-Kurs ist das Juwel der Schweizer Wirtschaft, die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM). Sie hatte unter dem Frankenschock vor zwei Jahren am meisten gelitten, hat aber ihre Hausaufgaben inzwischen gemacht und werde 2017 auf den Wachstumskurs zurückkehren, sagt die Credit Suisse.

"Unter der Annahme, dass der EUR/CHF-Wechselkurs weiterhin mehr oder weniger stabil bleibt, rechnen wir mit einem weiteren soliden Wachstum der Exportwirtschaft", so die Credit Suisse. Damit ist die Situation so wie vor dem Mindestkurs-Aus. Die Schweiz hat nicht nur das höhere, sondern dank ihrer MEM-Industrie, dem starken Pharmabereich und dem modernen Dienstleistungssektor auch das strukturell höherwertige Wachstum.

Im südlichen Teil der Eurozone gibt es zwar auch Anstiege der Wirtschaftsleistungen. Die beruhen aber im Wesentlichen darauf, dass Regierungen, die sich über staatsnahe Banken so viel Geld drucken können wie sie wollen, Schulden machen. Das Wachstum wird aus dem Staatssektor heraus mit höheren Löhnen hochgekitzelt und beruht nicht auf einer soliden Wettbewerbsposition auf den internationalen Gütermärkten.