Euro balanciert auf dem Drahtseil - Franken verliert Fans
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Euro balanciert auf dem Drahtseil - Franken verliert Fans

Am Devisenmarkt schießen sie sich auf den Schweizer Franken ein. Der Euro hat Rückenwind und steht kurz davor über 1,10 Franken zu steigen. In der Schweiz trübt sich die Konjunktur überraschend stark ein. Zwar häufen sich auch die schlechten Wasserstandsmeldungen aus der Eurozone. Der Euro ignoriert sie aber, was ein klares Indiz dafür ist, dass es beim EUR/CHF-Kurs derzeit knistert. Das Sentiment spricht dafür, dass die Gemeinschaftswährung ihre Stärkephase aus der zweiten Augusthälfte mit in den September nehmen kann.

Die Stimmung in der Schweizer Wirtschaft ist so schlecht wie seit neun Monaten nicht mehr. Das KOF-Konjunkturbarometer purzelt von 103,5 Punkten im Juli auf 99,8 Zähler im August. Mit einem so starken Rückfall hatten Volkswirte nicht gerechnet. "Im Vergleich zum Vormonat hat der negativere Ausblick im Schweizer Verarbeitenden Gewerbe, bei den Banken und bei den Tourismusdienstleistern zum registrierten Rückgang von 3,7 Punkten beigetragen", meldet die Konjunkturforschungsstelle (KOF) in Zürich.


Auch in der Eurozone deuten jüngste Indikatoren zur Wirtschaftsstimmung und Verbrauchervertrauen der EU-Komission auf eine konjunkturelle Verlangsamung hin. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland ist ebenfalls deutlich gefallen. Hinzu kommt ein überraschender Abschwung in Belgien. Der von der belgischen Notenbank herausgegebene Geschäftsklimaindex hat wegen Belgiens sehr offener Volkswirtschaft und den vielen Produzenten von Vorleistungsgütern Signalwirkung. Sein kräftiger Rückgang ist ein schlechtes Omen für die Eurozone.

Frankreichs Handelsminister Matthias Fekl springt in Sachen TTIP seinem deutschen Kollegen Sigmar Gabriel zur Seite. Fekl fordert eine Beendigung der Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA. Dass das Verhandlungsklima vergiftet ist, darauf deuten auch Aussagen des Weißen Hauses hin. Barack Obamas Pressesprecher Josh Earnest berichtet über ziemlich verzwackte Verhandlungen. Entsprechend äußert sich die EU-Kommission. Man wird den Eindruck nicht los, dass die mit den Verhandlungsmandaten längst wissen, dass TTIP nichts wird, keiner will aber die Verantwortung für das Scheitern übernehmen.

Am Euro perlen schlechte Nachrichten derzeit ab, der Schweizer Franken muss ihnen hingegen Rechnung tragen. Im Lichte dieser Gemütslage am Devisenmarkt kletterte der Euro-Franken-Kurs in den letzten zwei Wochen von 1,0814 auf 1,0960 (+1,35%). Der nächste Schub für den Euro müsste kommen, wenn Analysten ihre Erwartungen an die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone so sehr nach unten geschraubt haben, dass es ein leichtes sein wird, diese zu übertreffen.