Schweizer Mindestkurs-Schwindel ein hoheitlicher Akt?
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Schweizer Mindestkurs-Schwindel ein hoheitlicher Akt?

Falschinformation hin oder her: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sei unangreifbar und kann nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Die Aufhebung des Euro-Mindestkurs bei 1,20 Franken, die etwa 135.000 österreichischen Franken-Kreditnehmern ein dickes Minus einbrockte, sei zwar nicht legitim, wohl aber legal, sagen Rechtsprofessoren. Dem halten Juristen aus der Praxis entgegen, dass die SNB ein privatrechtliche Aktiengesellschaft (AG) sei und deswegen keine vollumfängliche Immunität gelten machen könne.

Dass die vom Schweizer Bundesrat ernannten Notenbank-Direktoren ihre österreichischen Nachbarn so hinters Licht führen würden, damit hatte wohl niemand gerechnet. Den Euro-Mindestkurs bei 1,20 Franken als "zentralen Eckpfeiler" der Schweizer Währungspolitik zu bezeichnen, um ihn dann drei Tage später aufzuheben, ist ein einmaliger Vorgang. Denn bei der SNB dürfte man sich der Problematik mit den Franken-Krediten außerhalb der Schweiz sehr wohl bewusst gewesen sein.

Die Notenbank hat während der Boom-Jahre der Franken-Kredite die Zinsen stets unter denen in Euroland und Osteuropa gehalten, und damit viele ausländische Schuldner in Franken-Kredite gelockt. Die Flutung Österreichs und Osteuropas mit Franken-Krediten führte zu einer Abschwächung des Schweizer Frankens. Im Oktober 2007 war 1 Euro bis zu 1,68 Franken wert. Von der Frankenschwäche profitierte die exportabhängige Schweizer Wirtschaft massiv. Zur ganzen Wahrheit und der Doppelmoral von Notenbank-Professoren gehört auch, dass die SNB seinerzeit nie auf die Idee gekommen wäre einzugestehen, dass der Franken unterbewertet war.


Die Währungspolitik stelle einen hoheitlichen Akt dar. "Liegt ein hoheitlicher Akt vor, sollte sich die SNB auf ihre Immunität berufen können", sagt Alexander Markus, Rechtsprofessor an der Universität Bern, der Zeitung "20 Minuten". Die SNB muss demzufolge die österreichischen Gerichte davon überzeugen, dass die Aufhebung des Euro-Mindestkurses bei 1,20 Franken tatsächlich ein währungspolitischer Entscheid war.

An der Konstruktion der SNB gibt es jedoch einen wunden Punkt. Sie hat nicht die Rechtsform einer klassischen Notenbank, sondern ist eine AG, die Dividenden an den Bund, die Kantone aber eben auch an Privatleute ausschüttet. Man kann Aktien der SNB kaufen. Aktuell kostet ein Anteilsschein 1.050 Franken - nach 1.340 Franken vor einem Jahr. Ein ähnliches Notenbank-System mit Aktien und Dividenden gibt es nur in Griechenland. Jemand, der mit Aktien der EZB handeln will, wird keine Anteilsscheine finden. Das ist durchaus schade für Short-Seller, denn die Draghi-EZB wäre sicherlich eine schöne Sache, um mit fallenden Aktienkursen Geld zu verdienen.

In Wien erwirkte ein geschädigter Franken-Kreditnehmer bereits ein Versäumnisurteil zu seinen Gunsten. In seinem Fall beläuft sich die Schadenssumme auf 13.000 Euro. Die SNB legte Berufung ein. Der den Kläger vertretende Rechtsanwalt Clemens Pichler rechnet damit, dass der Prozess bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) durchgefochten wird: "Letztlich wird die entscheidende Frage sein: Darf die Schweizer Nationalbank vorsätzlich Franken-Kreditnehmer täuschen - oder darf sie das eben nicht?", erläutert Pichler im ORF.

Die Richter müssten dann den Franken-Kreditnehmern womöglich erklären, dass sie einen legitimen Schadenersatzanspruch haben, der sich auf legalem Weg jedoch nicht durchsetzen lässt. Sie könnten es sich auch einfach machen und sagen, dass sie nicht zuständig sind.
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