Kein Passierschein: Warum der EUR/CHF nicht unter 1,04 darf
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Kein Passierschein: Warum der EUR/CHF nicht unter 1,04 darf

Weil sich die Konjunktur nach der Mindestkurs-Aufgabe schneller erholt als erwartet, muss die Schweizerische Nationalbank (SNB) eingreifen. Es geht darum einer zu starken Aufwertung des Frankens vorzugreifen. Die magische Hand der Notenbanker ist dringend erforderlich, wirkt doch der Wechselkursschock erst mit einer Verzögerung von gut einem halben Jahr auf die Realwirtschaft.

Die Sichtguthaben der Schweizer Banken bei der Schweizerischen Nationalbank sind zum ersten Mal seit über einem Monat wieder gestiegen. Die Entwicklung gilt als Indiz dafür, ob und wie stark die SNB Euro-Stützungskäufe zur Verteidigung eines geheimen Mindestkurses durchführt. Die neue Untergrenze dürfte bei einem Euro-Franken-Kurs von 1,04 liegen.

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In der Woche zum 23. März 2015 stiegen die Sichtguthaben auf 379,35 Milliarden Franken nach 376,50 Milliarden Franken in der Vorwoche. Die Entwicklung deutet darauf hin, dass die SNB etwas unternimmt, um ein Abrutschen des Eurokurses unter die technische Unterstützung bei 1,0400 Franken zu verhindern.

Die Schweizer Notenbanker sind mit allen Wassern gewaschen, und so könnte man vergangenen Donnerstag und Freitag, als der Euro-Franken-Kurs drohte unter 1,04 abzurutschen, noch stärker interveniert haben, als der Anstieg der Sichtguthaben um knapp drei Milliarden Franken andeutet. Ursache: Wenn die SNB Euros gegen Franken einwechselt, werden solche Transaktionen erst zwei Handelstage später abgerechnet, so dass die Transaktionen vom Donnerstag und Freitag erst in der Statistik zu den Sichtguthaben per 3. April 2015 auftauchen.

Das Konjunkturbarometer für die Schweiz kletterte im März leicht um 0,5 Punkte auf 90,8 Zähler, wie die Konjunkturforschungsstelle (KOF) heute in Zürich mitteilte. "Der leichte Anstieg des Barometers im März ist durch eine Erholung der Stimmung bei Indikatoren mit Bezug zum inländischen Konsum, zur Industrie und zur Exportwirtschaft getrieben", schreibt die KOF.

Es hat den Anschein, dass die Schweizer Wirtschaft mit Euro-Franken-Kursen über 1,04 gut zurecht kommen kann. Das Interesse der SNB muss nun darin bestehen, den Eurokurs bis zum Jahresende über diesem Niveau zu stabilisieren, um die Planungssicherheit der Unternehmen zu erhöhen. Gemäß einer KOF-Studie hat eine Veränderung des Wechselkurses nach etwas sechs bis neun Monaten den stärksten Einfluss auf die Realwirtschaft.

Darüber hinaus hat die Schweizerische Nationalbank ein davon losgelöstes Interesse den Euro-Franken-Kurs nicht weiter abstürzen zu lassen, damit sich die mit der Mindestkurs-Aufgabe angesammelten Wechselkursverluste, die in ihrer Bilanz schlummern, nicht vergrößern. Das ist insofern ein Faktor, weil es Stimmen aus der Schweizer Politik gibt, die die Notenbank stärker kontrollieren wollen. Im Falle eines Milliardenverlustes der SNB könnten sie die Oberhand gewinnen.

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