Akademiker laufen auf
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Akademiker laufen auf

Kommentar

Was die Schweizerische Nationalbank (SNB) bei der Verteidigung des Mindestkurses veranstaltet, ist bemitleidenswert. Am Gründonnerstag blinkte auf der offiziellen EBS-Handelsplattform ein Eurokurs von 1,1990 CHF auf. Eigentlich wollte man doch Wechselkurse unterhalb EUR/CHF 1,20 nicht tolerieren? Hat man ja auch irgendwie nicht, will uns Interims-Präsident Thomas Jordan in einer ausgefeilten wissenschaftlichen Erklärung am 10. April 2012 weismachen.

Die Überrepräsentanz von Akademikern im Dreier-Direktorium der SNB wird zum Problem. Die Herren Jordan und Danthine sind zweifelsfrei in ihrer wissenschaftlichen Expertise das Beste was die Schweiz auf diesem Feld zu bieten hat. Allerdings fehlt beiden die Praxiserfahrung. Nach der Meinung von Experten steht die SNB mitten in einem „Straßenkampf mit den Märkten“. Da wäre es hilfreich jemanden von der Straße in seinen eigenen Reihen zu haben, wie den ehemaligen Hedge Fonds Manager Philipp Hildebrand.

Nachdem die Verteidigung direkt am Mindestkurs bei 1,2000 fehlschlug, versucht die SNB bei EUR/CHF 1,2010 eine Linie in den Sand zu ziehen. Die Nationalbank will sich offenbar ein neues Presse-Debakel ersparen. Als der Mindestkurs am Gründonnerstag brach, schickte man eiligst den Pressesprecher raus. Fünf Tage später musste Notenbankchef Jordan selbst in einem ungewöhnlichen, extra anberaumten Pressegespräch erklären, wie das Ganze passieren konnte.

„Aber er ist doch überbewertet“

„Der Schweizer Franken ist immer noch überbewertet. Die Nationalbank erwartet weiterhin, dass sich der Franken abschwächen wird“, beteuert der hilflos wirkende Jordan. Aus akademischer Sicht und Wechselkursberechnungen basierend auf der Kaufkraftparität ist der Franken tatsächlich um etwa 15 Prozent überbewertet. Allerdings nicht aus der Logik der Devisenmärkte, die nach der Finanzkrise stärker denn je durch sicherheitsorientierte Kapitalzu- und -abflüsse dominiert werden.

Die Japaner warten im Übrigen schon seit Jahren, dass ihr Yen schwächer wird. Tut er aber nicht. Jedoch hat man sich mehr oder weniger mit der Situation abgefunden und nimmt Dollar Yen Kurse bei USD/JPY 80 und Euro Yen Kurse bei EUR/JPY 105 zähneknirschend zur Kenntnis. Je eher die Schweiz dasselbe tut und aufhört über einen künstlichen Mindestkurs Angebot und Nachfrage auf den Devisenmärkten zu manipulieren, umso besser.

Natürlich kann die Nationalbank soviel Franken drucken wie sie möchte und damit Euros kaufen, um den Mindestkurs zu verteidigen. Damit würde sich jedoch bald zum größten Devisen Hedge Fonds der Welt aufsteigen, wenn sie das nicht bereits ist. Schon kleinste Kursänderungen des Euros würden sich sodann überproportional auf die SNB-Eigenkapitalbasis auswirken. Selbstverständlich kann das Ganze gut ausgehen und zu enormen Gewinnen führen. Wenn es schlecht ausgeht, wäre der Steuerzahler gefordert. Nebenbei müsste man noch Inflationsrisiken und eine Immobilienblase bekämpfen.
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